Siemens zieht Nominierung für Bereichsvorstand zurück

Die erst vor einer Woche bekannt gegebene Berufung von Hannes Apitzsch als Finanzvorstand der Industrie-Sparte hat Siemens heute zurückgenommen. Der Manager könnte in die AUB-Affäre verwickelt sein.

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Der Siemens-Konzern hat eine vergangenen Freitag bekannt gegebene Personalentscheidung revidiert. Hannes Apitzsch wird nicht wie geplant ab Januar Finanzchef der Industriesparte des Konzerns. In einer Mitteilung des Unternehmens heißt es, Siemens habe in dieser Woche Einsicht in Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Nürnberg im Fall AUB erhalten. Daraus gewonnene Erkenntnisse erforderten "eine Neubewertung der Compliance-Überprüfung von Hannes Apitzsch". Deshalb werde "seine Ernennung als CFO für den Sector Industry vorsorglich zurückgezogen".

Erst am vergangenen Freitag hatte der Siemens-Vorstand eine Reihe von Personalentscheidungen für das Management der neuen Konzernstruktur bekannt gegeben. Zum Zeitpunkt der Ernennung von Herrn Apitzsch lagen dem Vorstand keine Erkenntnisse vor, die dieser widersprochen hätten, heißt es dazu aus München. "Siemens hat den Anspruch, für Spitzenleistung auf höchstem ethischen Niveau zu stehen", erklärte Konzernchef Peter Löscher, das gelte auch bei der Besetzung von Führungspositionen. "Wir lassen keinerlei Unsicherheiten zu. Deshalb haben wir uns entschlossen, die Ernennung von Hannes Apitzsch als CFO des Sectors Industry vorsorglich zurückzuziehen."

Der jetzt geschasste Apitzsch zählt laut Süddeutscher Zeitung zu den Beschuldigten im Ermittlungsverfahren der Nürnberger Staatsanwälte, das sich mit der verdeckten Finanzierung der Arbeitnehmer-Organisation AUB durch Siemens beschäftigt. Dabei gehe es um Scheinrechnungen, Veruntreuung von Konzernmitteln und Steuerhinterziehung. Auch könnten Betriebsratswahlen manipuliert worden sein.

Dass Apitzsch im Visier der Ermittler stehe, habe der Siemens-Vorstand bei seiner Entscheidung gewusst. Man habe den Kandidaten "umfassend" durchleuchten lassen, es gebe keinen Grund, "ihn in Frage zu stellen", erklärte der Konzern vor einigen Tagen gegenüber der Zeitung. Der Einblick in Ermittlungsakten der Nürnberger Staatsanwaltschaft hat nun offenbar zu der neuen Erkenntnis geführt, Apitzsch sei möglicherweise doch in den AUB-Skandal verwickelt.

In dem von Affären geplagten Unternehmen regt sich nun offenbar Unmut über die peinliche Personalie. "Mist gebaut" habe der Vorstand, zitiert die Süddeutsche aus Aufsichtsratskreisen. Auch Löscher stehe in der Kritik, weil der Vorstand sich voreilig auf Apitzsch festgelegt habe. Zudem stehe nun die Frage im Raum, wie die anderen Personalentscheidungen zu bewerten seien. Dieter Scheitor, der für die IG-Metall im Siemens-Aufsichtsrats sitzt, fand es dagegen "anständig, dass Siemens-Chef Löscher so schnell reagiert" habe.

Apitzsch war nach dem Bericht der Süddeutschen seit Mai 2005 Finanzchef des Bereichs Automatisierung und Antriebstechnik. Zwischen 2001 und 2006 seien aus diesem Bereich 36 Millionen Euro an den früheren Siemens-Betriebsrat und AUB-Vorsitzenden Wilhelm Schelsky geflossen; 17 Millionen alleine in den Jahren unter Apitzschs Aufsicht. Ermittler gehen davon aus, das Schelsky mit dem Geld den Aufbau der arbeitgeberfreundlichen AUB finanzierte. (vbr)