Schutz des Schlafzimmers: TV-Diskussion zum Schnüffelstaat

In der WDR-Sendung "Hart aber fair" diskutierten prominente Gäste über die Entwicklung Deutschlands zum Schnüffelstaat und das Schlafzimmer auf der Festplatte.

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Von
  • Detlef Borchers

Neben der Bundestags-Debatte über die innere Sicherheit versuchte sich Hart aber fair, die Sendung des künftigen ARD-Starmoderators Frank Plasberg, an einer Bestandsaufnahme des "Schnüffelstaates". In einer eher konfus, denn hart geführten Diskussion wurde von der Mautdatenfahndung über die heimliche Online-Durchsuchung und britische Überwachungstechnik bis hin zum Verbraucherschutz vor Kundenkarten-Abzocke so ziemlich jede denkbare Methode kurz angerissen. Erstaunen erntete die Aussage des SPD-Politikers Dieter Wiefelspütz zu der viel früher angelaufenen Nutzung der heimlichen Online-Durchsuchung, über die er erst im Dezember 2006 aufgeklärt worden sei.

Das harte Format wurde vorab dadurch etwas weichgespült, dass die grüne Überwachungskritikerin Julia Seeliger kurzfristig ausgeladen wurde. Sie wurde durch den sichtlich erschöpften SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz ersetzt, der die Online-Durchsuchug befürwortete, ein von ihm auf der Festplatte gefundenes virtuelles Schlafzimmer aber vor dem Zugriff der Behörden ausschließen will. So forderte Wiefelspütz für die Online-Durchsuchung eine solide gesetzliche Grundlage, machte aber auf den Schutz des Kernbereichs privater Lebensführung aufmerksam: "Es gibt auch auf der Festplatte des Computers ein Schlafzimmer, das niemanden etwas angeht, sofern auf dem Computer keine Kinderpornographie gespeichert ist."

Mit in der Diskussionsrunde saß der Filmregisseur Dieter Wedel, der vor allem seinen Unmut über die Steuerfahndung artikulierte. Der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gab sich Mühe, die vielen Vorstöße seines Parteikollegens Wolfgang Schäuble zu verteidigen. Bernd Carstensen vom Bund deutscher Kriminalbeamter betonte, dass es der Polizei nur darum gehe, effektive Werkzeuge zur Hand zu bekommen. In diesem Zusammenhang kam die desolate Ausstattung der Polizei etwa beim Betriebsfunk zur Sprache.

Der Part des Schnüffelstaatkritikers blieb dem ehemaligen Bundesinnenminister Gerhard Baum (FDP) überlassen. Baum, der etliche Klagen gegen bedenkliche Gesetze vor das Verfassungsgericht gebracht hatte, ermahnte die aktiven Politiker, nicht ständig am Grundgesetz zu schrauben. Reaktionen aus dem Publikum äußerten Furcht vor der ständig zunehmenden Abwanderung persönlicher Daten, aber auch Verständnis für die Pläne von Bundesinnenminister Schäuble: "Es ist ein besseres Gefühl, meine Daten in einer Datenbank zu wissen als in einer Todesanzeige nach einem Bombenanschlag."

"Hart aber fair" wird am Donnerstag und Samstag wiederholt und kann als Web-Stream abgerufen werden. (Detlef Borchers) / (vbr)