EU-Projekt CleanIT: Projektleiter verteidigt Online-Terrorbekämpfung

Auch die Internet-Experten auf dem Meeting der IP-Adressverwaltung RIPE zeigten sich skeptisch gegenüber dem EU-Projekt zur Terrorbekämpfung im Internet. Der Projektleiter versicherte, man habe keineswegs die Absicht, das Internet zu zerstören.

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Von
  • Monika Ermert

Der Projektleiter des Clean-IT-Projekts, But Klaasen, wehrte sich beim 65. Treffen der IP-Adressverwaltung RIPE in Amsterdam heftig gegen die Kritik an dem Anti-Terrorprojekt. Das von mehreren europäischen Regierungen einschließlich Deutschland initiierte und von der EU gesponsorte Projekt, das die Nutzung des Internet durch Terroristen eindämmen und Kinder und die Öffentlichkeit vor Terrorseiten schützen will, geriet zuletzt durch die Publikation eines geheimen Katalogs der Grausamkeiten in die Schlagzeilen.

Der inzwischen schon berüchtigte, von der Bürgerrechtsorganisation EDRI verbreitete Massnahmenkatalog lässt vom Verbot anonymer Internetnutzung bis zur Haftbarkeit von Internet-Providern, die nicht aufmerksam genug die mögliche Nutzung ihrer Dienste durch Terroristen beobachten, nichts aus. Nach Ansicht von EDRI verstoßen viele der Vorschläge klar gegen europäische Grundrechte.

Klaasen, im niederländischen Innen- und Justizministerium verantwortlich für Anti-Terror-Fragen, versicherte vor den Entwicklern, er wolle natürlich keineswegs das "Internet zerstören" oder die Freiheit im Internet einschränken. wie ihm das die Bürgerrechtsorganisation EDRI anlaste. Das von EDRI veröffentlichte Dokument habe keinerlei formale Bedeutung, sondern sei nichts als eine Stoffsammlung aus frühen Diskussionsrunden der Projektgruppe, zu der auch eine Reihe von Unternehmen und einige wenige Nicht-Regierungsorganisationen gehören.

Klaasen erklärte, ein Koch, der ein Abendessen vorbereitet, verbringe auch erst mal einen Nachmittag im Supermarkt, um zu entscheiden, was er nehme. Zu diesem Zeitpunkt könne man "noch gar nichts darüber sagen, wie das Menü am Ende aussieht und wie es schmeckt". Maßgeblich sei vielmehr der auf der Projektwebseite veröffentlichte, von den Projektpartnern abgestimmte Entwurf, aus dem die teils extremen Vorschläge ausgefiltert wurden. Zu diesem Papier wünsche man sich auch Kommentare.

Von den Teilnehmern des RIPE-Treffens nach der Quelle einiger extremer Bestandteile der ursprünglichen "Shoppingliste" gefragt, etwa der Regulierung des Sprachgebrauchs im Netz, sagte Klaasen, der Vorschlag könne durchaus auch "aus der Öffentlichkeit" kommen. Den Teilnehmern beim RIPE-Meeting schmeckte das Aufgetischte auf jeden Fall nicht. Unter anderem kritisierten sie die fehlende Definition von Terrorismus. Mehrere Mitglieder warnten vor dem Missbrauch von Anti-Terror-Massnahmen, beziehungsweise verwiesen auf die Ausweitung von Straftatbeständen, die als terroristisch oder extremistisch klassifiziert würden, sei es in Russland oder im Vereinigten Königreich.

Die Klassifizierungen von Dokumenten als nicht-öffentlich, der Verweis auf die informelle Natur der Gespräche und das Zurückrudern in Bezug auf die Verbindlichkeit der Ergebnisse – obwohl man doch unter EU-Flagge segele – wirkten nicht vertrauensbildend, warnte einer der Teilnehmer. Klaasen sagte gegenüber heise online, es sei durchaus Ziel des Projektes, die Harmonisierung von Gesetzen in der Union zum Umgang mit Terrorismus im Internet anzustoßen. Hier geben es noch erhebliche Unterschiede in den nationalen Gesetzen. Spätestens dann muss man sich allerdings fürchten, was mit der Shoppingliste so alles ausgekocht wird.

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(jk)