Europa sucht gemeinsame Position zur internationalen Telecom-Regulierung

In der Dabatte um die künftigen International Telecommunication Regulations (ITR) trifft traditionelle Fernmelde-Denke auf die Internet-Wirklichkeit. Auch in Bundesregierung und -netzagentur ist die Meinungsbildung zu den ITR noch im Gange.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Der Vorschlag europäischer Telcos, ein Regime zur Umverteilung von Geld zwischen klassischen Infrastrukturanbietern und neuen Internetplattformen in den künftigen International Telecommunication Regulations (ITR) zu verankern, spaltet Regierungen und Wirtschaft. Maria Hall vom schwedischen Wirtschaftsministerium zeigte sich beim 65. Treffen der IP-Adressverwaltung RIPE überaus skeptisch: "Es mag ein Problem in einem bestimmten Bereich geben, aber wollen wir es in den ITR lösen? Die Antwort ist in vielen Fällen Nein."

Hall war sich darin mit ihrem Kollegen vom schwedischen Post- und Telecomregulierer, Anders Jönsson, einig. Jönsson, bis vor kurzem auch Chef der Com-ITU-Gruppe der Dachorganisation europäischer Regulierungsorganisationen (CEPT), unterstrich, dass der Vorstoß der Vereinigung der europäischen Netzbetreiber (ETNO) bislang in keinem Vorschlag eines Mitgliedstaates auftauche. Die Com-ITU-Gruppe befasst sich innerhalb der 48 Mitglieder starken CEPT mit allen Fragen zur Internationalen Fernmeldeunion (ITU) und bereitet sich daher schon seit Jahren auf die ITR-Novelle vor, die bei der bevorstehenden World Conference on International Telecommunication unter Dach und Fach gebracht werden soll. Jönsson sagte, unabhängig davon, was man von den ETNO-Wünschen halte, müsse zunächst geklärt werden, ob sie überhaupt in die ITR gehörten.

Bislang befürwortet die CEPT, die ITR eher enger zu fassen. "Es gibt keinen Vorschlag aus Europa, der in irgendeiner Weise die ITR auf das Internet ausweiten würde", sagte Jönsson den RIPE-Mitgliedern. So lehnten die CEPT-Mitglieder bislang ab, darin Regelungen zu Betrug, Schiedsverfahren zu Internetverbindungen, Quality of Service, Spam oder Routing aufzunehmen. Diese Aspekte sollten "zwischen den Betreibern" geklärt werden.

Noch ist die CEPT-Position allerdings nicht endgültig, erst bei einem Treffen im Oktober, erklärte Jönsson, soll der Sack zugemacht werden. Bis dahin wird sich zeigen, ob sich die 27 EU-Mitgliedstaaten auf eine gemeinsame Linie haben festlegen können, mit der die Europäische Kommission an den Verhandlungstisch ziehen kann.

Unklar ist auch – nach einer am Donnerstag vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in Bonn ausgerichteten WCIT-Informationsveranstaltung – die Position der Bundesregierung zum ETNO-Vorschlag. Während Vertreter des BMWi klar Sympathien dafür hätten erkennen lassen, habe der Vertreter der Bundesnetzagentur ihn abgelehnt, berichtet Klaus Birkenbihl, Vorstandsmitglied der deutschen Internet Society. Die deutsche ISOC hatte ihrerseits gemeinsam mit anderen "Chaptern" vor negativen Konsequenzen der Übertragung von Regulierungsideen aus der Telefon- in die Internetwelt gewarnt und das Banner der Netzneutralität hoch gehalten.

Birkenbihl sagte gegenüber heise online, mit den vom BMWi vertretenen Grundsatzpositionen, deren Tenor "never change a running system" laute, könne die ISOC sehr gut leben. Bei der ISOC.de werde man den Prozess weiter begleiten und diskutiere jetzt, ob die Organisationen mit einem Wiki den Austausch relevanter Dokumente hierzulande unterstützen kann. Vom Wirtschaftsministerium seien vorerst offenbar keine weiteren Gesprächsrunden geplant. (ssu)