Klärwerke filtern Arzneimittelrückstände

Mit zwei neuen Verfahren sollen Überreste von Medikamenten aus dem Abwasser entfernt werden.

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Ein großer Schluck Wasser spült das Schmerzmittel in den Magen. Eine halbe Stunde später scheint das Leid aus der Welt geschafft. Aber: Zwei Drittel des Wirkstoffs scheidet der Mensch aus. Das Problem: Die zunehmende Medikamentenfracht steht im Verdacht, Lebewesen zu schädigen. Zudem erzeugen Antibiotikareste immer mehr resistente Keime. Ende Januar 2012 hat die EU deshalb vorgeschlagen, drei besonders gefährliche Arzneistoffe in Gewässern künftig zu überwachen – und deren Wirkstoffe gegebenenfalls zu entfernen: das Schmerzmittel Diclofenac, Ethinylestradiol aus der Antibabypille und das gegen Wechseljahrsbeschwerden verschriebene Estradiol.

In der Schweiz laufen bereits konkrete Planungen, um diese Medikamente aus dem Abwasser zu entfernen, berichtet Technology Review in seinem November-Heft (seit Donnerstag am Kiosk oder online zu bestellen). Dem Schweizer Bundesamt für Umwelt zufolge sind zwei Verfahren praktikabel: die Behandlung mit Ozon und mit Aktivkohle. "Sie sind gegenwärtig am geeignetsten und kostengünstigsten", erklärt Umweltchemikerin Christa McArdell vom eidgenössischen Wasserforschungsinstitut Eawag bei Zürich.

Beide Techniken werden schon heute zur Aufbereitung von Trinkwasser genutzt. In Kläranlagen erproben Forscher diese Methoden aber erst seit Kurzem in großtechnischem Maßstab. Im Rahmen des EU-Projekts PILLS ließen Wissenschaftler beispielsweise eines der modernsten Klärwerke Europas für die Abwässer des Gelsenkirchener Krankenhauses errichten.

Die vom Essener Wasserwirtschaftsunternehmen Emschergenossenschaft für zwei Millionen Euro gebaute Anlage kann in zehn verschiedenen Konstellationen betrieben werden. Getestet wurden bisher zwei Varianten, in denen ein Membranbioreaktor mit Ozon sowie mit Aktivkohle kombiniert wurde. Bis die Verfahren in Klärwerken zum Alltag gehören, dürfte allerdings noch einige Zeit vergehen. Der Grund sind die hohen Kosten. Um etwa in der Schweiz rund 100 der 750 Klärwerke entsprechend aufzurüsten, wären voraussichtlich 1,2 Milliarden Euro nötig

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(bsc)