Weiter Skepsis beim Berliner Senat über konsequente Linux-Migration

Einen reinen Linux-Kurs lehnt der Berliner IT-Staatssekretär Ulrich Freise ab. Es solle aber freie Software eingesetzt werden, wo immer mit einer reinen Kosten- und Wirtschaftlichkeitsanalyse Vorteile nachgewiesen werden könne.

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Von
  • Jürgen Kuri

Der Senat kommt mit dem Beschluss des Abgeordnetenhauses zur Migration auf Open Source und zur Einhaltung offener Standards in der Rechnerwelt nur schleppend voran, räumte der Berliner IT-Staatssekretär Ulrich Freise bei einer Anhörung im Ausschuss für Verwaltungsreform sowie Kommunikations- und Informationstechnik des Berliner Landesparlamentes zur IT-Strategie am heutigen Donnerstag ein. Er favorisiere zwar, dass man im Bereich freier Software vorankomme "und diese Szene unterstützt". Schon durch die Haushaltsordnung seien ihm aber die Hände gebunden. Zudem müssten sich die Behörden in den Bezirken und die einzelnen Senatsverwaltungen nicht einmal an einheitliche Empfehlungen der beiden Exekutivebenen des Stadtstaates halten.

Der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses hatte bereits im Dezember 2005 vom Senat einstimmig die Vorlage eines Fahrplans zur Umrüstung auf freie Software verlangt. Es sollte zunächst um die Umstellung der Server und in einem späteren Schritt auch um die Umrüstung der rund 58.000 in der Hauptverwaltung benutzten Arbeitsplatzcomputer auf alternative Betriebssysteme sowie Desktop- und Anwendungssoftware aus dem Open-Source-Bereich gehen. Es sollte ferner sichergestellt sein, dass bei der Beschaffung von Software offene Standards vor allem bei Schnittstellen und Dokumentenformate als Beschaffungskriterium gegeben sind. Ein Migrationsfahrplan steht aber nach wie vor aus. Vielmehr erklärte die Senatsverwaltung den Beschluss des Abgeordnetenhauses im vergangenen Jahr für letztlich "nicht umsetzbar" und hielt den Parlamentariern den eigenen, hauptsächlich auf momentane Wirtschaftlichkeitsaspekte ausgerichteten "Open Systems"-Ansatz heterogener Rechnerwelten entgegen.

Freise versuchte nun, diese bekannte Senatsstrategie in neuem Gewand darzustellen. "Der Senat hat die Beschlussfassung, dass wir natürlich offene Standards unterstützen", unterstrich er gegenüber den Abgeordneten. Es werde auch herstellerunabhängig ausgeschrieben, aber eben nicht in dem Sinne, dass dieses oder jenes Linux-Produkt gewünscht sei. Alles andere würde gegen das Vergaberecht und die Haushaltsordnung verstoßen. Zugleich riet er davon ab, die von ihm für Berlin veranschlagten rund 100 Millionen Euro zur Migration der IT-Landschaft der Hauptstadt mit ihren rund 58.000 Arbeitsplatzrechner auf die Open-Source-Welt in die Hand zu nehmen. Die Senatsstrategie sei die bessere Herangehensweise. Die Grünen hatten dagegen den Senat schon im Vorfeld der Anhörung wegen seiner IT-Strategie aufs Schärfste kritisiert.

Details zu der Anhörung im Berliner Abgeordnetenhaus über die IT-Strategie der Verwaltung am heutigen Donnerstag und zu Anmerkungen des Münchner EDV-Chefs zum LiMux-Projekt während der Anhörung siehe den Online-Artikel in c't Hintergrund:

(jk)