Durchsuchung bei Journalisten: Verband sieht Pressefreiheit bedroht

Journalistenverbände sind alarmiert: War die Durchsuchung bei dem Chefreporter der "Berliner Morgenpost", der einem LKA-Beamten für Informationen über das Vorgehen gegen die Hells Angels Geld gezahlt haben soll, ein Angriff auf die Pressefreiheit?

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Von
  • Julian Mieth
  • dpa

Die Durchsuchung bei einem Reporter der Berliner Morgenpost stößt bei Journalistenverbänden auf heftige Kritik. Es handele sich um einen rechtswidrigen Eingriff in die im Grundgesetz geschützte Pressefreiheit und das Redaktionsgeheimnis, hieß es zum Beispiel beim Journalistenverband DJU. Hintergrund der Durchsuchung sind Ermittlungen im Zusammenhang mit der Suche nach einer undichten Stelle bei der Polizei. Unterdessen ruht nach einer Beschwerde des Axel Springer Verlages vorerst die Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen.

Staatsanwaltschaft und Polizei hatten am Mittwoch Wohnung und Redaktion des Journalisten durchsucht. Er steht im Verdacht, einen Beamten des Berliner Landeskriminalamtes (LKA) mit Geld bestochen zu haben. Dabei soll es unter anderem um Informationen über Polizeiaktionen gegen die Rockerszene gegangen sein.

"Anscheinend ist die Berliner Polizei so sehr unter Druck, endlich einen Maulwurf zu präsentieren und damit vielleicht auch von Fehlern in den eigenen Reihen abzulenken, dass sie vollkommen über das Ziel hinaus schießt", sagte DJU-Geschäftsführerin Cornelia Haß. Auch für die Journalistengewerkschaft DJV ist die Maßnahme unverhältnismäßig. "Pressefreiheit und Quellenschutz stehen höher als solche Verdächtigungen", sagte Landeschef Alexander Fritsch.

Der Axel Springer Verlag wies die Vorwürfe gegen den Reporter entschieden zurück. Für Informationen werde nicht gezahlt, hieß es. Der Verlag will Beschwerde beim Landgericht Berlin einlegen. Bis die Richter darüber entschieden hätten, würden beschlagnahmte Unterlagen und Datenträger vorerst nicht weiter ausgewertet, sagte eine Sprecherin der Justizverwaltung. Zugleich verteidigte sie die Durchsuchung. "Wir gehen davon aus, dass die Staatsanwaltschaft ausreichende Gründe für den Schritt hatte."

Wegen der Brisanz hat sich auch Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) in den Fall eingeschaltet. Auf Bitte der Staatsanwaltschaft informierte er zum Start der Durchsuchung die Chefredaktion der Berliner Morgenpost. Bereits zuvor war die Privatwohnung des Chefreporters durchsucht worden. Im Fall einer Anklage wegen Bestechung drohen ihm bis zu fünf Jahre Haft.

Ins Visier der Fahnder gelangte der Journalist im Zuge eines seit Monaten laufenden Verfahrens gegen einen LKA-Mann. Dem Polizisten wird Geheimnisverrat und nun wohl auch Bestechlichkeit vorgeworfen. Der Beamte aus dem Rocker-Dezernat wird seit Monaten verdächtigt, ein geplantes Verbot einer Gruppe der Hells Angels verraten zu haben. Einen Tag vor der Durchsetzung der Verfügung hatte sich der Club Ende Mai unerwartet selbst aufgelöst. Die Polizei musste darum ihren Einsatz mit 550 Beamten vorziehen.

Die DJU betonte, nur durch die Sicherheit von Informanten sei gewährleistet, dass die Presse ihren Aufgaben frei von Einflussnahme nachgehen könne. Entsprechend habe 2007 das Bundesverfassungsgericht geurteilt, nachdem die Redaktion des Magazins Cicero nach Beweismitteln durchsucht worden war. Auch in diesem Fall sei die Durchsuchung unverhältnismäßig gewesen. Jedoch war dem Cicero-Journalisten damals keine eigenständige Straftat vorgeworfen worden.


(jk)