Oracles vergeblicher Griff nach MySQL

Der US-Datenbank- und Software-Konzern wollte im Rahmen seines aggressiven Expansionskurses auch den Anbieter der Open-Source-Datenbank MySQL in sein Firmenkonglomerat integrieren. Der Unternehmensführung war die eigene Unabhängigkeit aber wichtiger.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 154 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

Der US-amerikanische Datenbank- und Business-Software-Hersteller Oracle wollte im Rahmen seines aggressiven Expansionskurses offenbar auch den Anbieter der Open-Source-Datenbank MySQL, MySQL AB, in sein Firmenkonglomerat integrieren. Entsprechende Avancen des US-Konzerns bestätigte MySQL-CEO Marten Mickos nach einem Bericht des IT-Nachrichtendienstes CNet jetzt auf der Open Source Business Conference in San Francisco. Details zum Zeitpunkt des Angebots oder zu finanziellen Aspekten der Offerte gab Mickos indes nicht preis. Er erklärte jedoch, dass man das Oracle-Angebot wegen des Bedürfnisses nach Unabhängigkeit abgelehnt habe. "Wir werden eines Tages sicherlich Teil eines größeren Unternehmens sein, aber das wird MySQL heißen", verdeutlichte Mickos.

MySQL ist mit mehr als 6 Millionen Installationen das populärste Open-Source-Datenbankverwaltungssystem weltweit und hätte Oracle die Möglichkeit verschafft, ein hochwertiges Produkt im Lower-End-Markt zu platzieren, erläuterte Redmonk-Analyst Stephen O'Grady gegenüber CNet. Wie dies funktioniere, habe IBM vorgemacht, das nach der Übernahme von Gluecode im vergangenen Jahr Anwendungen auf Grundlage des eigentlich in Konkurrenz zu den eigenen WebSphere-Produkten stehenden Open-Source-J2EE-Servers Geronimo inzwischen als kostenlose IBM-Einsteigerlösung (WebSphere Application Server Community Edition) anbietet.

Im Oktober hatte Oracle mit Innobase bereits einen der wichtigsten MySQL-Partner zu nicht genannten Konditionen übernommen. Dank einer Übereinkunft mit dem finnischen Unternehmen konnte MySQL die Storage Engine InnoDB in sein Datenbanksystem einbauen und erst dadurch mit sicheren Transaktionen die Grundlage für seine derzeitige Marktposition schaffen. Anfang Februar kaufte der Oracle-Konzern mit Sleepycat einen weiteren Datenbankentwickler aus der Open-Source-Szene. Zum Portfolio von Sleepycat gehört Berkeley DB, eine Datenbank für Embedded-Device-Anwendungen. Andere Kandidaten auf Oracles noch nicht abgearbeiteter Einkaufsliste sollen angeblich der Spezialist für J2EE-Applikationsserver, JBoss, und die PHP-Firma Zend sein.

Die schwedische MySQL AB teilte zuletzt mit, dass man im Geschäftsjahr 2005 die bislang höchsten Umsätze und Gewinne der Firmengeschichte erzielt habe. Neben der Einführung des MySQL Network im Februar habe vor allem die Veröffentlichung von MySQL 5.0 die Geschäfte beflügelt: Vier Millionen Downloads seit der Freigabe im Oktober zeigten die hohe Bedeutung der Open-Source-Datenbank. Gegenüber 2004 habe sich der Umsatz im vergangenen Jahr fast verdoppelt, die Zahl der Mitarbeiter sei von 160 auf 270 gestiegen, erklärte Marketing-Chef Bertrand Matthelié. Konkrete Umsatzzahlen nannte das Unternehmen, das sich in privatem Besitz befindet, aber nicht.

Ganz ohne Investitionen von außen kommen die MySQL-Entwickler aber auch nicht aus: Anfang der Woche gab die Geschäftsleitung bekannt, dass man in einer dritten Finanzierungsrunde 18,5 Millionen US-Dollar von Risikokapitalgebern erhalten habe. Zu den Investoren unter Leitung von Institutional Venture Partners (IVP) gehören Intel Capital, Red Hat, die SAP-Tochter SAP Ventures sowie Presidio STX, der US-amerikanische Risikokapital-Ableger von Sumitomo Corp. MySQL AB will die Finanzspritze eigenen Angaben zufolge nutzen, um im Markt für Unternehmensdaten weiter zu wachsen, neue Produkte zu entwickeln und um die Marketing- sowie Vertriebsaktivitäten auszudehnen. (pmz)