Bundesrat: Staatlicher Zugriff auf TK-Daten soll leichter werden

Innen- und Rechtspolitiker der Länderkammer plädieren dafür, dass Anbieter im Rahmen der geplanten Neuregelung der Bestandsdatenauskunft Passwörter zurücksetzen und Namen sowie Anschrift von Kunden verifizieren müssen.

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Im Bundesrat stehen die Zeichen auf eine Erweiterung des Zugriffs staatlicher Behörden auf TK-Daten. Der federführende Innen- sowie der Rechtsausschuss der Länderkammer haben zu einem entsprechenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung nun ihre Empfehlungen (PDF-Datei) veröffentlicht. Darin plädieren sie unter anderem dafür, die Provider zur "Mitwirkung" zu verpflichten, um den Zugriff auf geschützte Daten zu ermöglichen.

Die bisherige Initiative sieht bereits eine Auskunftspflicht auch für PIN-Codes und Passwörter vor, mit denen der Zugriff auf Endgeräte oder damit verknüpfte Cloudspeicher geschützt wird. Die Bestimmung trage so "grundsätzlich der aktuellen technischen Entwicklung Rechnung", loben die Rechtspolitiker. Er öffne prinzipiell Zugangsmöglichkeiten nicht etwa nur für Mailboxen, sondern etwa auch für Dienste wie Dropbox oder Google Drive. Bei letzteren müssten die Anbieter aber eben teils etwas nachhelfen, um die Wünsche der Strafverfolger zu erfüllen.

Weiter bringen die Innen- und Rechtsexperten des Bundesrats den Vorschlag ins Spiel, dass die Anbieter die Richtigkeit von Angaben ihrer Kunden zu Name und Adresse "mit angemessenen Mitteln" überprüfen. Dies könnte eventuell auf eine Ausweispflicht bei der Anmeldung hinauslaufen. Neben Telefon- und Mobilfunkanbietern dürften in diesem Fall auch E-Mail-Dienstleister von einer solchen Auflage betroffen sein. Beide Gremien drängen ferner auf eine Präzisierung der bereits im Entwurf behaltenen Klausel, wonach Telcos die erwünschten Daten "unverzüglich und vollständig übermitteln" sollen. Dabei rät der Innenausschuss, dass die Auskunft "spätestens nach drei Stunden" erteilt werden soll.

Allein der Wirtschaftsausschuss ist der Auffassung, dass die Initiative die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht ausreichend berücksichtigt. Karlsruhe hatte die bisherigen Bestimmungen zur Speicherung und Herausgabe von Nutzerdaten, Passwörtern und PINs an Strafverfolger und Geheimdienste als teilweise verfassungswidrig eingestuft. Die Wirtschaftspolitiker sehen mit Sorge, dass die Bundesregierung in ihr Papier "nur unzureichende grundrechtssichernde Regelungen eingearbeitet" habe. So seien teils beim Erheben von Bestandsdaten "weder die Hürde des Richtervorbehalts noch einer sonstigen staatsanwaltschaftlichen Anordnung" vorgesehen.

Es drohe die Gefahr, "dass Bestandsdatenauskünfte in verfassungswidriger Weise unter Verwendung von Verkehrsdaten verlangt werden", schreibt der Wirtschaftsausschuss. Hintergrund ist, dass der Entwurf ausdrücklich erstmals auch dynamische IP-Adressen erfasst. Provider müssten demnach die Netzkennungen den Inhabern von Internetzugängen automatisiert zuordnen dürfen ­ was einen Eingriff ins Fernmeldegeheimnis darstellt ­ und die entsprechenden Informationen im sogenannten manuellen Auskunftsverfahren an Sicherheitsbehörden herausgeben. Kritisch beäugen die Wirtschaftsobleute zudem, dass der Vorstoß den Providern "unverhältnismäßige Lasten" aufbürde.

Insgesamt gebe es im Bundesrat Bestrebungen, das Gesetzgebungsverfahren zum Anlass zu nehmen, weitere, über die Entscheidung des Verfassungsgerichts hinausgehende Aspekte mitzuregeln, tadelt Henning Lesch, Leiter Recht und Regulierung beim Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco), die Entwicklung. Die Vereinigung hatte zuvor bereits eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie schon den Regierungsentwurf als potenziell erneut verfassungswidrig einschätzt. Gleicher Ansicht sind Datenschützer.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung sprich t von "maßlosen Forderungen" der Innen- und Rechtspolitiker der Länder, die einem "willkürlichen Umgang mit persönlichen und Unternehmensdaten Tür und Tor öffnen". Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) warnt parallel vor "erheblichen Gefahren für den Informantenschutz". Er appellierte an den Bundesrat, "der Bestandsdatenauskunft die rote Karte zu zeigen". Vertretungen der Informations- und Telekommunikationsbranche wie der Bitkom oder der VATM lehnen insbesondere die geforderte zusätzliche elektronische Schnittstelle zur Datenherausgabe ab. Über die Position des Bundesrats wollen die Länderchefs kommenden Freitag abstimmen. (vbr)