EU-Regulierer: Netzneutralität mit aktuellen Regeln sicherbar

Das Gremium der europäischen Regulierungsstellen GEREK sieht laut einem Positionspapier keine akute Gefahr für die Netzneutralität, einige Bestrebungen der Branche aber mit Beunruhigung.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 9 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Falk Lüke

Das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) hat nach dreijährigen Untersuchungen und Konsultationen nun ein vorläufiges Positionspapier zur Netzneutralität veröffentlicht. Die Regulierer ziehen darin ein gemischtes Fazit. So habe die Untersuchung der aktuellen Praxis beim Trafficmanagement ergeben, dass anwendungsspezifische Einschränkungen (zum Beispiel das Blockieren von Voice over IP oder die Behinderung von Peer-to-Peer-Verkehr ) mit Ausnahme von bestimmten Maßnahmen hauptsächlich in Mobilfunknetzen nicht weit verbreitet sei.

Allerdings seien die Ergebnisse auf Länderebene äußerst unterschiedlich ausgefallen, die nach maßgeschneiderten Antworten verlangten. Spezialisierte Dienste "stellen derzeit keine Gefahr für das Best-Effort-Internet" dar, heißt es in dem Papier. Doch sähe man die Providerwünsche zur deren Ausweitung mit einiger Beunruhigung.

Grundsätzlich befürworten die Regulierer das Best-Effort-Prinzip – also die nach Möglichkeit schnellste und beste Weiterleitung der Daten durch Netzbetreiber -, das als weitgehend neutral gesehen wird. Auch der IP-Interconnection-Markt funktioniere mit Peering- und Transitabkommen derzeit gut und ohne nennenswerte Probleme. Die Nutzung unterschiedlicher Dienstequalitäten findet nach GEREK-Erkenntnissen auf dieser Ebene kaum statt. Stattdessen seien Content Delivery Networks und Internetknotenpunkte (IXPs) weit verbreitet und würden zur Leistungsfähigkeit der Netze beitragen.

Auf der Ebene der Zugangsnetzwerke für Endkunden (Access-Level) könnte Quality of Service zwar eine Option gegen Bandbreitenmangel darstellen. Doch im Backbonenetz sei der Bandbreitenausbau weiterhin das Mittel der Wahl. Eine klare Absage erteilt GEREK dem Wunsch einiger Telekommunikationsunternehmen, nicht nur vom Endnutzer, sondern auch von Inhalteanbietern Transfergebühren erheben zu dürfen: GEREK weist ausdrücklich darauf hin, "dass es keine Beweise dafür gibt, dass die Kosten der Netzwerkbetreiber im Rahmen der Internetwertschöpfungskette nicht bereits vollständig abgedeckt und bezahlt sind, anders als manchmal von manchen Internetanbietern in der Netzneutralitätsdebatte behauptet".

Selbst eine Bevorzugung bestimmter Inhaltedienste halten die Regulierer grundsätzlich für problematisch. Sowohl bei negativer wie positiver Diskriminierung bestimmter Inhalteanbieter seien die Auswirkungen für den Gesamtmarkt zwar sehr schwer einzuschätzen, jedoch potenziell schlecht für den Markt und die Verbraucher. GEREK hat daher einen vierstufigen Test entwickelt, mit dem ermittelt werden soll, welche Verkehrsunterscheidungen angemessen sind: nationale Aufsichten sollen künftig prüfen, ob Nichtdiskriminierung auf Anbieterbasis, Kontrolle durch den Endnutzer, Nutzen und Verhältnismäßigkeit sowie keine Unterscheidung auf Anwendungssbasis gegeben ist.

Das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation hält den derzeitigen Regulierungsrahmen für ausreichend, um die Netzneutralität aufrechtzuerhalten. Das Wettbewerbsrecht sei ein geeignetes Mittel, solange Nutzer einfach wechseln könnten – allerdings sei es nicht allein ausreichend. GEREK kommt daher auch zu dem Schluss, dass die Providermärkte genau beobachtet werden müssten und Priorisierungen und Verlangsamungen von den nationalen Regulierern, in Deutschland ist das die Bundesnetzagentur, geprüft werden sollten. Basierend auf der eigenen Markbeobachtung durch Regulierer und durch Beschwerden dritter sollte sodann geprüft werden, ob Handlungsbedarf besteht. (vbr)