Google Maps für iOS veröffentlicht [3. Update]

Seit dem heutigen Donnerstag stellt Google in Apples App Store eine eigene Karten-App für iPhone und iPod touch zum kostenlosen Download bereit.

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Die Navigationsfunktion in Google Maps für iOS trägt noch den Zusatz "Beta".

Seit dem frühen Donnerstagmorgen stellt Google in Apples App Store eine eigene Karten-App für iPhone und iPod touch zum kostenlosen Download bereit. Der Funktionsumfang von Google Maps entspricht weitgehend der Android-Version; die Spracheingabe und die Möglichkeit, Kartendaten zur Offline-Nutzung auf dem Gerät zu speichern, fehlen allerdings. Eine Turn-by-Turn-Navigation (Betaversion) samt Sprachausgabe ist integriert, sie benötigt ebenso wie Apples Karten-App eine laufende Internet-Verbindung. Bewegungsdaten, laut Google anonymisiert, helfen bei Verkehrsprognosen. Die Routen werden wahlweise für Autofahrer, Fußgänger oder öffentliche Verkehrsmittel berechnet. In über 500 Städten listet die Google-App nicht nur die Haltestellen, sondern auch die Abfahrtszeiten von Bussen und Bahnen.

Per Street-View-Ansicht kann man virtuell durch Straßen fahren und 360-Grad-Panoramen von Häuserfronten und Sehenswürdigkeiten abrufen. Google wirbt, über 8 Millionen Kilometer Strecken aus mehr als 3000 Städten in 45 Ländern erfasst zu haben.

Zu vielen eingetragenen Orten hält Google Maps detaillierte Informationen bereit.

80 Millionen "Points of Interest" seien verzeichnet, schreibt Daniel Graf, Director Google Maps for Mobile, in einem Blogpost. Man kann sich die Restaurants, Supermärkte oder Arztpraxen in der Karte einzeichnen oder als Liste ausgeben lassen. Auf Wunsch zeigt die App weitere Details an, etwa Fotos – bei mehr als 100.000 Einträgen auch von innen –, Erfahrungsberichte von Nutzern, die postalische Adresse oder die Entfernung. Die verzeichnete Telefonnummer lässt sich per Fingertipp anrufen. Wer bei Google eingeloggt ist, kann bisherige Sucheingaben aus der History erneut abrufen, auch von anderen Geräten aus.

Die Bedienung fällt stellenweise etwas ungewohnt für iOS-Nutzer aus, statt plastischen Knöpfen gibt es zweifarbige Flächen, schlicht umrandet. Anders als bei der Kartenlösung von Apple kann man keine Kontakte aus dem iOS-Adressbuch abrufen und anzeigen. Statt dessen sucht Google Maps Ortsbezeichnungen in der eigenen Datenbank. Google bittet aber um Verbesserungsvorschläge und dürfte solch offensichtlich fehlende Funktionen bald nachreichen.

[Update 13.12.12, 13:02 Uhr:] Eine 3D-Ansicht mit fotorealistischen Gebäuden gibt es ebensowenig wie in der Android-App. Beim Wischen mit zwei Fingern nach unten wechselt zwar die Perspektive, aber räumlich berechnete Gebäude fanden wir beispielsweise von Berlin nur in der vektorbasierenden Darstellung. Für fotorealistische Gebäude verweist Google auf die Google-Earth-App. Hier scheint Apple mit Flyover, das allerdings erst für wenige Städte vorbereitet ist, einen Vorsprung zu haben. [/Update]

Die Bedienung ist anfangs etwas ungewohnt.

Das Kartenmaterial ist mit dem vom Browser bekannten Webdienst Google Maps identisch und beruht auf schlanken und stufenlos skalierbaren Vektordaten, wie sie Google auch in der eigenen Android-App verwendet. Bis einschließlich iOS 5 mussten iPhone- und iPad-Besitzer mit behäbigen Bitmapgrafiken vorliebnehmen. Dies und die Tatsache, dass Google iOS-Nutzern zuletzt keine Turn-by-Turn-Navigation anbot, waren angeblich die Hauptgründe dafür, dass Apple sich für eine eigene Lösung in iOS 6 entschied. Das sorgte anfangs für viel Kritik, weil die Karten zum Teil fehlerhaft waren und sind (Mac & i Heft 8 berichtet ausführlich über die Stärken und Schwächen). Firmenchef Tim Cook entschuldigte sich öffentlich dafür. Auch Google sagt: "Wir sind nicht perfekt." Der Internetriese macht es den Nutzern aber leichter, Fehler in den Daten zu korrigieren: Nach Schütteln des iOS-Geräts lassen sich berichtigte Einträge übermitteln. Laut Google werden die Karten täglich mehrere zehntausend Mal aktualisiert.

Entwickler können die Maps mit Hilfe eines SDK in eigenen Apps integrieren. Google Maps liegt in 29 Sprachen vor, darunter auch in Deutsch. Ob eine native Fassung fürs iPad folgt, war zum Redaktionsschluss dieser Meldung unklar.

[Update 13.12.12, 10:19 Uhr:] Die App fällt wie alle anderen Google-Dienste auch unter die Standard-Datenschutzerklärung des Konzerns. Darin behält sich Google unter anderem ganz allgemein vor, gegebenenfalls "Telefonieprotokollinformationen wie Ihre Telefonnummer, Anrufernummer, Weiterleitungsnummern, Datum und Uhrzeit von Anrufen, Dauer von Anrufen, SMS-Routing-Informationen und Art der Anrufe" in Serverprotokollen erfassen zu dürfen.

[Update 13.12.12, 11:22 Uhr:] Ob die App an solch konkrete Informationen unter iOS überhaupt herankommt, ist allerdings zweifelhaft. Laut Apples Entwicklerdokumentation können Apps zwar den Provider und den letzten SIM-Kartenwechsel ermitteln und auch erfahren, ob der Nutzer gerade telefoniert. Die Liste der letzten Telefonnummern etwa können sie aber nicht abfragen.

An anderer Stelle heißt es unter "Gerätebezogene Informationen" etwas konkreter: "Wir erfassen möglicherweise gerätespezifische Informationen (beispielsweise das von Ihnen verwendete Hardware-Modell, die Version des Betriebssystems, eindeutige Gerätekennungen und Informationen über mobile Netzwerke, einschließlich Ihrer Telefonnummer). Google verknüpft Ihre Gerätekennungen oder Telefonnummer gegebenenfalls mit Ihrem Google-Konto." Weitere Details sind noch unklar, wir haben Google um eine Stellungnahme gebeten.
(se)