Teures Copyright: Neues "Happy Birthday" gesucht

Warner Music streicht für "Happy Birthday To You" allein in den USA jährlich 2 Millionen $ Nutzungsgebühren ein, auch von Kindergärten und Schulen.

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"Happy Birthday To You" gilt als das weltweit bekannteste englische Lied. Die jährlichen Nutzungsgebühren gehen alleine in den USA in die Millionen. Das Free Music Archive (FMA) ruft deshalb mit dem Happy Birthday Song Contest zur Komposition von Alternativen ähnlicher Ohrwurm-Qualität auf, die frei von Copyright-Gebühren sind. Jedermann ab 13 Jahren kann bis 13. Jänner 2013 an dem Wettbewerb teilnehmen. Eine Jury wählt drei Gewinner, deren Lieder unter einer Creative-Commons-Lizenz (CC BY 3.0) auf CD produziert und an allerlei Betriebe und Medien verschickt werden.

Die Melodie von "Happy Birthday" soll 1893 von den Kindergärtnerinnen Patty und Mildred Hill als morgentliches Begrüßungslied zu einem Text "Good Morning to All" komponiert worden sein. Noch im selben Jahr erschien das Lied in einem Kindergartenliederbuch. Wer den geläufigeren Geburtstagstext schrieb und wann dies geschah, ist bis heute nicht sicher geklärt. Dennoch wurde die Kombination aus Melodie und Happy-Birthday-Text 1935 für Copyright registriert und sollte 1991 gemeinfrei werden. Neue Gesetze verlängerten die Schutzfrist in den USA zweimal, und so hält Warner Music das Copyright an der Kombination von Musik und Text zumindest bis 2030. In der EU soll das Urheberrecht Ende 2016 ablaufen, sofern keine weitere Fristverlängerung erfolgt.

Umstritten ist nicht nur, ob das simple Lied überhaupt die für Copyright erforderliche Originalität erreicht, sondern auch, ob der Copyright-Schutz in den USA formal korrekt verlängert wurde. Dass der bayerische Mathematiker, Musiker und Kabarettist Dieter Paul schon 1980 nachwies, dass Happy Birthday das schamlose Plagiat eines bayerischen Volkstanzes ist, verhallte weitgehend ungehört. Doch nun hat der Rechtsprofessor Robert Brauneis die Geschichte des Liedes erforscht. Zwar hält er die Originalität für ausreichend, sieht aber das Copyright nach US-Recht als ungültig an. Es sei nicht erwiesen, wer den Text geschrieben habe, die ursprüngliche Registrierung sei ungültig, und es seien keine ordentlichen Verlängerungsanträge gestellt worden.

Das ficht Warner Music aber nicht an, für öffentliche Aufführungen Geld zu fordern. Für das Singen des Liedes in einem Restaurant, auf einem Sportplatz, in einer Schule und so fort werden Gebühren fällig. In einer US-Talkshow soll die improvisierte "Aufführung" für einen Studiogast 700 US-Dollar gekostet haben. Eine unabhängige Filmproduktion, die "Happy Birthday" in ihre Geschichte einbauen möchte, muss laut FMA 10.000 US-Dollar einplanen (gut 7.730 Euro). Für die Jahre 1994 und 1995 hat Brauneis Ausschüttungen der Urheberrechtsgesellschaft ASCAP erhoben. Ähnlich wie die GEMA in Deutschland kassiert diese Organisation in den USA zugunsten von Komponisten, Autoren und Verlegern Urheberrechtsabgaben für Aufführungen. In den beiden Jahren ist mehr als ein Promille aller Ausschüttungen auf "Happy Birthday" entfallen. Bereits 1934 führte die dritte Hill-Schwester Jessica erfolgreich einen Prozess, weil "Happy Birthday" in einem Musical genutzt worden war. Dem Copyright von "Happy Birthday" widmet sich auch die satirische Website unhappybirthday.com. "Wenn Sie jemanden gesehen haben, der 'Happy Birthday' in einem Restaurant, einem Park oder einer Schule singt, sollten Sie ASCAP informieren, damit die eine Lizenz arrangieren können", heißt es dort. Man könne Warner aber natürlich auch dazu auffordern, sich für eine Gesetzänderung stark zu machen, die gefühltes Gemeingut wie "Happy Birthday To You" von Lizenzgebühren frei stellt. (it)