Nichts ist, wie es scheint: Zum 80. Geburtstag von Herbert W. Franke

Der österreichische Physiker und Höhlenforscher ist der Doyen der deutschsprachigen Sciencefiction.

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Von
  • Detlef Borchers

Heute wird Herbert W. Franke 80 Jahre alt. Der österreichische Physiker und Höhlenforscher ist der Doyen der deutschsprachigen Sciencefiction. Mit seinen analogen Oszillogrammen gilt Franke als einer der Pioniere der Computerkunst. Die Theorie der Computerkunst lieferte Franke mit seinem Buch "Computergraphik – Computerkunst" (1971) und besonders mit "Apparative Kunst" (1973, mit G. Jäger) gleich mit. Außerdem ist Franke im Jahre 1979 Mitgründer der Linzer Ars Electronica.

Herbert W. Franke wurde am 14. Mai 1927 in Wien geboren. Zu seinen prägenden Einflüssenn zählte Franke in einem Interview die Geschichten von Hans Dominik und die Sun-Koh-Hefte von Paul Alfred Müller. Auch die ständige Beobachtung und Bevormundung in Hitlerdeutschland prägten seine Romane. Der Einstieg in die Welt der Sciencefiction gelang Franke während seiner Zeit als Herausgeber beim Goldmann-Verlag, der die Autoren des "goldenen Zeitalters" wie Isaac Asimov, Ray Bradury und Robert A. Heinlein den deutschen Lesern bekannt machte. Höhepunkt seiner Tätigkeit als Herausgeber war die "Ozeanische Bibliothek" von 1984, die Franke für den Ullstein-Verlag konzipierte. Diese Bibiothek war eine Serie, in der passend zur damaligen Diskussion um die Volkszählung und den Überwachungsstaat die großen Dystopien wie George Orwells 1984, Karen Boyes Kallocain oder Das große Netz von Hermann Kasack veröffentlicht wurden.

1960 debütierte Herbert W. Franke mit einer Sammlung von Erzählungen als Sciencefiction-Autor. Mit seinem ersten Roman Das Gedankennetz im Jahre 1961 hatte Franke sein wichtigstes Thema gefunden, die Frage nach manipulierten Wirklichkeiten. Nichts ist, wie es scheint, dieses Motto des Gedankennetzes wurde später zum beliebten Satz vieler Verschwörungstheoretiker. Mit der Herausgabe der Romane von Asimov beschäftigte sich Franke intensiv mit der künstlichen Intelligenz bis hin zum rechnenden Raum von Konrad Zuse und den zellulären Automaten des Mathematica-Gründers Stephen Wolfram.

Als Pionier der Computergrafik betätigte sich Franke vor allem als Künstler-Ingenieur. Der erste Tintenstrahldrucker, die Tonfähigkeiten des Apple II oder die erstmals mögliche Auswertung von Szintigrammen in der medizinischen Diagnostik klopfte Franke auf künstlerische Eigenständigkeit ab. Die ästhetische Dimension war dabei immer wichtiger als die Berechenbarkeit.

Zum 80. Geburtstag von Herbert W. Franke hat die Phantastische Bibliothek Wetzlar die 49 besten Kurzgeschichten Frankes aus 49 Jahren Schreibarbeit unter dem Titel "Die Zukunftsmaschine" kompiliert. Außerdem ist zum Geburtstag bei dtv die 1980 erschienene "Schule für Übermenschen" in neuer Auflage erschienen. Im gleichen Verlag ist auch vor kurzem der neueste Roman Frankes erschienen, die "Flucht zum Mars". Viele Kurzgeschichten von Franke sind gleich um die Ecke bei Telepolis zu finden. Der Computergrafik-Pionier und -theoretiker Franke wird vom 17. Juni bis 2. September mit einer Ausstellung in der Kunsthalle Bremen geehrt, die den Titel "Ex Machina – frühe Computergrafik bis 1979: die Sammlungen Franke und andere Stiftungen" trägt. (Detlef Borchers) / (vbr)