Kulturrat warnt in Gewaltspiele-Debatte vor "wahltaktischem Schnellschuss"

Der Spitzenverband der Bundeskulturverbände sieht in der Forderung der Innenminister von Bund und Ländern nach einem Verbot von "Killerspielen" die Kunst-, Presse- und Meinungsfreiheit berührt.

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Der Deutsche Kulturrat sieht in dem Beschluss der Innenministerkonferenz für ein Verbot von "Killerspielen" noch vor den Bundestagswahlen in diesem Jahr einen Griff in die "Mottenkiste der Verbotsdebatten". Erst im vergangenen Jahr sei das Jugendschutzrecht novelliert worden. Demnach dürften Kindern und Jugendlichen "Killerspiele" schon jetzt nicht zugänglich gemacht werden, schreibt der Spitzenverband der Bundeskulturverbände in einer Mitteilung. Wenn nun ein Herstellungs- und Verbreitungsverbot solcher Spiele gefordert werde, gehe es darum, Erwachsene vor ihnen zu "schützen". "Damit wird elementar die Kunst-, Presse- und Meinungsfreiheit berührt", meint der Kulturrat. Vor diesem Hintergrund warnt er vor einem "wahltaktischen Schnellschuss".

Die Innenminister hatten sich auf ihrem Frühjahrstreffen in Bremerhaven am Freitag auf ein schärferes Vorgehen gegen "Killerspiele" geeinigt. Sie fordern ein schnellstmögliches Herstellungs- und Verbreitungsverbot für Video- und Computerspiele, "bei denen ein wesentlicher Bestandteil der Spielhandlung die virtuelle Ausübung von wirklichkeitsnah dargestellten Tötungshandlungen" ausmacht. In Deutschland sind seit dem 1. Juli 2008 Spiele mit "weitreichenden Abgabe-, Vertriebs- und Werbeverboten" belegt, die "besonders realistische, grausame und reißerische Darstellungen selbstzweckhafter Gewalt beinhalten, die das Geschehen beherrschen". Zuvor waren allein Gewalt oder Krieg "verherrlichende" Computerspiele für Jugendliche automatisch verboten.

Der Kulturrat hatte bereits im Februar 2007 eine sachliche Diskussion über Computerspiele gefordert und davor gewarnt, in der Diskussion über so genannte Killerspiele über das Ziel hinauszuschießen. Im September 2008 bezeichnete der Verband Forderungen aus Bayern nach einem "Killerspiele"-Verbot als "schlechten Running Gag in Wahlkampfzeiten". Seit August 2008 ist der Verband der Spieleentwickler GAME Mitglied des Kulturrats. (anw)