Bundestag debattiert über Kampf- und Überwachungsdrohnen

Im Parlament stießen unterschiedliche Ansichten zum Einsatz von bewaffneten Drohnen aufeinander. Während die Regierung ihn verteidigte, kam aus den Reihen der Opposition Kritik.

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Von
  • Detlef Borchers

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat in einer aktuellen Fragestunde des Bundestages am Donnerstag den Einsatz von bewaffneten Drohnen verteidigt. Er sei technisch sinnvoll und eine echte Alternative zu Flächenangriffen, durch die auch die Zivilbevölkerung getroffen werden könnten. Insgesamt sei die Zukunft der Luftfahrt von unbemannten Luftfahrzeugen geprägt. Mit dieser Entwicklung müsse Deutschland Schritt halten.

Der Bundestag diskutierte Fragen des Drohneneinsatzes, nachdem das Verkehrsministerium auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion mitgeteilt hatte, dass bewaffnete Drohnen nichts anderes als eine Fähigkeitsweiterung bestehender Systeme seien. Hintergrund der Debatte bilden drei in Afghanistan eingesetzte israelische Drohnen vom Typ Heron 1 die von der Bundeswehr geleast wurden. Weil der Leasingvertrag dieser Aufklärungsdrohne 2014 ausläuft, werden Beschaffungsalternativen wie der US-amerikanische Predator oder die israelische Heron Eitan (TP) erwogen. Beide Systeme sind waffenfähig.

Für die Linksfraktion eröffnete der Abgeordnete Andrej Hunko als Mitautor der Kleinen Anfrage die Diskussion. Ein deutscher Staatsbürger aus seinem Aachener Wahlkreis wurde in Pakistan bei einem Angriff einer US-Drohne getötet. Hunko verwies auf Berechnungen des IPPNW, nach denen zwischen 3000 und 4500 Zivilisten in Afghanistan und Pakistan durch Drohnenangriffe getötet wurden. In diesen Ländern müssten die Bewohner in einem dauerhaften Zustand der Angst leben.

Für den europäischen Raum verwies Hunko auf Berichte über eine Gigapixel-Kamera des britischen Rüstungskonzerns BAE Systems, die aus 6000 Metern Höhe Personen auf einem Parkplatz verfolgen konnte. Solche Systeme könnten in Amtshilfe etwa bei Großdemonstrationen jederzeit im Innern eingesetzt werden, befürchtete Hunko. Er forderte, Kampfdrohnen zu ächten und sprach sich für eine internationale Konvention zur zivilen Nutzung von Drohnen aus.

De Maizière begrüßte die politische Debatte über Drohnen. Es ergebe aber keinen Unterschied, ob Drohnen, Torpedos oder Lenkraketen eingesetzt werden. Drohnen führten auch nicht zu einem emotionslosen Computerkrieg aus der Distanz oder zu einem "sauberen Krieg". "Wir können nicht sagen: 'Wir bleiben bei der Postkutsche', während alle anderen die Eisenbahn entwickeln", erklärte de Maizière.

Rolf Mützenich (SPD) warnte davor, dass die anhaltende Entwicklung der Drohnentechnik dazu führen könnte, dass sich die Systeme verselbständigen. Auch seien völkerrechtliche Fragen zu klären, etwa ob die Leitzentralen der Drohnen ein legitimes Angriffsziel für Kombattanten seien. Sein Parteikollege Hans-Peter Bartels ergänzte, dass vordringlich die luftrechtlichen Zulassungsprobleme beim Einsatz des EuroHawks in Europa gelöst werden müssten.

Elke Hoff (FDP) ärgerte sich, dass die Drohnenaktionen von US-Armee und CIA unzulässig vermischt würden und sprach sich dafür aus, Rahmenbedingungen für die zivile Nutzung von Drohnen zu schaffen, etwa um Pipelines zu überwachen. Ihr Parteikollege Christoph Schnurr betonte den erheblichen Mehrwert, den kampffähige Drohnen für die Bundeswehr darstellten. Für die CDU erklärte Bernd Siebert, dass an der Anschaffung von bewaffneten Drohnen kein Weg vorbei führe. Bei einer Nachfolgeregelung für Heron 1 dürfe eine europäische Entwicklung eigener Drohnen nicht behindert werden. Unterstützung kam auch vom CSU-Politiker Florian Hahn. Die Bundeswehr solle Kampfdrohnen haben, auch würden damit die technischen Fähigkeiten zum Bau von Kampfdrohnen entwickelt. Dieses Drohnen-Know-How würde Arbeitsplätze sichern.

Für das Bündnis 90/Die Grünen machte Agnes Brugger darauf aufmerksam, dass der Einsatz von Drohnen die Zivilbevölkerung massiv radikalisieren könne und damit kaum dafür dienlich sei, Soldaten im Auslandseinsatz zu schützen. Inke Höger von der Linken verwies auf Studien über US-amerikanische Drohnenpiloten, die unter posttraumatischen Belastungsstörungen litten. Alle Redner begrüßten, dass nunmehr in Deutschland die längst überfällige Debatte über Sinn und Zweck der Drohnentechnik geführt werde. (anw)