Breite Kritik am US-Lobbyismus gegen EU-Datenschutzreform

US-Regierung und -Konzerne versuchen immer wieder Einfluss auf die EU-Datenschutzreform zu nehmen und Regelungen abzuschwächen. In einem offenen Brief fordern US-Verbraucherschützer ein Ende dieses Lobbyismus.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 39 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Zahlreiche US-Verbraucher- und Bürgerechtsorganisationen fordern in einem offenen Brief an die Regierung ihres Landes, die EU-Datenschutzreform nicht durch Lobbymaßnahmen zu behindern. Das europäische Reformvorhaben würde viele wichtige und innovative Ansätze enthalten, lobten unter anderem die American Civil Liberties Union (ACLU) und das Electronic Privacy Information Center (EPIC).

Im Brief (PDF-Datei) wird unter anderem geschildert, wie eine Delegation der Organisationen nach Brüssel reiste, um Mitglieder des Europaparlaments aus allen politischen Richtungen zu treffen. Ausnahmslos hätten die Abgeordneten in Gesprächen von einer massiven Lobbykampagne der US-Regierung und -Wirtschaft berichtet, die auf eine Abschwächung der Reform ziele. "Die USA sollten Europas Bemühungen nicht im Wege stehen“, betonten die Verbraucherschützer. Vielmehr würden viele US-Amerikaner und Europäer die gleichen Erfordernisse für eine Novelle der Datenschutzgesetze sehen. Dabei verweisen die Autoren auch auf Zusagen von US-Präsident Obama.

Bereits anlässlich ihres Brüssel-Besuches Ende Januar 2013 hatten die Organisationen öffentlich gefordert, dass die EU einen globalen Standard zum Schutz des Rechts auf Privatsphäre schaffen solle. In den USA sei eine landesweite Neuregelung des Datenschutzes an Industrieinteressen im Kongress gescheitert, obwohl die Bevölkerung das Vorhaben breit unterstütze.

Mit ihrer Kritik sind die US-Bürgerrechtler nicht allein. Jakob Kohnstamm, Vorsitzender der Artikel-29-Gruppe der europäischen Datenschutzbeauftragten, beklagte am Montag im Interview mit der Financial Times ebenfalls das Ausmaß des US-Lobbyismus. Damit würden Konzerninteressen über fundamentale Rechte gestellt, die Europa zu schützen suche. "Sie würden doch auch nicht den 4. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten wegen eines Geschäftsmodells in Europa ändern, oder?“, lautet seine rhetorische Frage in Richtung der USA.

An der Debatte über die EU-Datenschutzrefom haben sich weltweit agierende US-Konzerne und US-Regierungsorgane mit vielfältigem Lobbying und Stellungnahmen beteiligt. So warnte beispielsweise der US-Botschaftsrat John Rodgers beim 7. Europäischen Datenschutztag vor einem möglichen Handelskrieg wegen strikter Regelungen bei der Reform. Es könne etwa wegen des geplanten Rechts auf Vergessenwerden „richtig knallen“. Im Oktober 2012 hatten Wirtschaftsverbände der USA und Japans im einem gemeinsamen Bericht ins gleiche Horn gestoßen und zu scharfe Regelungen beim EU-Datenschutz bemängelt.

EU-Justizkommissarin Viviane Reding hatte im Februar vergangenen Jahres gegenüber dem Telegraph von Beeinflussungs-Versuchen in einem noch nicht erlebten Maß gesprochen. Der Ende Januar 2012 vorgestellte Entwurf für das Gesetzespaket sei davon aber nicht beeinflusst gewesen. Mit der Reform sollen die seit 1995 geltenden EU-Datenschutzregeln ans Netzzeitalter angepasst werden.

Das Gesetzespaket soll dafür sowohl die Rechte von Privatpersonen tendenziell stärken und als auch datenverarbeitende Firmen umfassender in die Pflicht nehmen. Dabei besteht das Paket aus zwei Teilen: Eine Richtlinie regelt den Umgang mit Daten bei der Strafverfolgung. Und eine Verordnung definiert den allgemeinen Rechtsrahmen im europäischen Datenschutz mit dem Ziel einer gesamteuropäischen Harmonisierung. (axk)