EU-Justizkommissar rudert bei Internetzensur teilweise zurück

Franco Frattini erlärte, er wolle Internetrecherchen der Bürger mit der Blockade der Suche nach "gefährlichen Wörtern" wie "Bombe", "töten" oder "Terrorismus" nicht einschränken, hält an Website-Sperrungen aber fest.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 81 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

EU-Justizkommissar Franco Frattini hat seine heftig umstrittenen Äußerungen zur Umsetzung eines neuen Anti-Terrorplans der EU ein wenig zurechtgerückt. Er beabsichtige "überhaupt nicht", Internetrecherchen der Bürger mit der Blockade der Suche im Netz nach "gefährlichen Wörtern" wie "Bombe", "töten" oder "Terrorismus" einzuschränken, erläutert der Vizepräsident der Kommission in einer nur hierzulande erschienenen Mitteilung.

Am Einsatz von Filtertechnik und Web-Blockaden will der Innen- und Rechtsexperte der Brüsseler Behörde demnach aber festhalten. So erscheint ihm weiter die Entscheidung "angezeigt", Webseiten mit illegalen Inhalten zu sperren. Dabei könne es um Auftritte im Netz gehen, die etwa Bombenbau-Anleitungen bereithalten und die öffentliche Sicherheit bedrohen. Aus "ermittlungstechnischen Erwägungen", schränkt Frattini hier ebenfalls ein, könnten entsprechende Angebote aber auch bewusst zugänglich gehalten werden.

In jedem Fall sollen laut dem Justizkommissar auch Überwachungstechniken im Kampf gegen mögliche Attentatsplaner "nur dann eingesetzt werden, wenn eine konkrete Gefahr besteht". Für die Identifikation von Nutzern der umstrittenen Webseiten müssten "eindeutig terroristische Zwecke" nachgewiesen werden. Generell wolle er aber keinen Angriff auf die Privatsphäre der Surfer starten. Er setze sich für eine "ausgewogene Lösung" ein um sicherzustellen, "dass Websites nicht für den Austausch von Informationen genutzt werden, die eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen". Zugleich gehe er dabei davon aus, dass es dank neuer Technologien möglich sein sollte, die polizeiliche beziehungsweise nachrichtendienstliche Überwachung des Internet zur Bekämpfung des Terrorismus zu verbessern.

Zuvor hatten unter anderem der innenpolitische Sprecher der Fraktion der Liberalen im EU-Parlament, Alexander Alvaro (FDP), sowie der Medienexperte der Linken im Bundestag, Lothar Bisky, mit scharfen Worten vor Einschränkungen der Meinungs- und Informationsfreiheit durch Frattinis Vorhaben gewarnt. Skeptisch zur technischen Umsetzung hatten sich auch Vertreter des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco und des europäischen Providerverbands EuroISPA geäußert.

Blockaden seien sinnlos, da die beanstandeten Inhalte wahrscheinlich innerhalb von Minuten auf anderen Internetseiten auftauchen würden, hieß es bei den Lobby-Vereinigungen. So habe es die britische Regierung etwa nicht geschafft, 1200 Webseiten mit Kinderpornografie sperren zu lassen. Durchaus praktizieren große Suchmaschinenbetreiber hierzulande aber bereits das Ausfiltern jugendgefährdender Seiten aus ihren Trefferlisten, die auf dem staatlichen Index stehen. Details seiner Initiative will Frattini Anfang November präsentieren. (Stefan Krempl) / (jk)