Oracle vs. Google: Harry Potter eröffnet den nächsten Akt

Oracle klagt vor dem Bezirksberufungsgericht weiter gegen Google. Von Patenten ist nicht mehr die Rede – es geht nur noch darum, ob Android Oracles Copyright an Java verletzt.

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Von
  • Christian Kirsch

Vor dem Bezirksberufungsgericht Nord-Kalforniens hat Oracle die Begründung für seine Berufung gegen die erstinstanzliche Entscheidung um angebliche Patent- und Copyrightverletzungen durch Googles Mobilbetriebssystem Android eingereicht.

In dem Prozess vor dem Bundesbezirksgericht unter Richter William Alsup hatten die Geschworenen Ende Mai 2012 verneint, es seien Java-Patente durch Android verletzt worden. Vorher hatten sie zwar Urheberrechte verletzt gesehen, konnten sich jedoch nicht einigen, ob dieser Verstoß durch eine "Fair-Use"-Klausel ("angemessene Verwendung") gedeckt war. Alsup entschied daraufhin wenig später, die fraglichen Code-Teile seien nicht durch das Copyright geschützt. Lediglich in einer banalen 9-zeiligen Funktion sah er eine Urheberrechtsverletzung, sprach Oracle jedoch keinen Schadenersatz dafür zu.

Nur um das Urheberrecht geht es in der jetzigen Berufung, Patentverletzungen sind kein Thema mehr. Die über 200-seitige Berufungsbegründung beginnt mit einer launigen Einführung, in der "Ann Droid" einen Bestseller veröffentlichen will: "Sie setzt sich mit einer Vorabveröffentlichung von 'Harry Potter und der Orden des Phönix' hin und beginnt mit dem Umschreiben. Sie kopiert wörtlich alle Kapitelüberschriften von Kapitel 1 bis Kapitel 38. Sie kopiert wörtlich die zentralen Sätze jedes Absatzes [...] Anschließend übernimmt sie sinngemäß den Rest des Absatzes." Das schließlich als "Harry Potter 5.0" veröffentlichte Werk werde ein Renner.

Ann Droids Verteidigung, dabei handele es sich nicht um eine Verletzung des Urheberrechts der Harry-Potter-Autorin sei ebenso abwegig wie Googles Hinweis auf "Fair Use", heißt es in der Begründung weiter: "Der von Google kopierte Code umfasst Teile und detaillierte, komplexe Strukturen [...] von 37 Code-Packages, im Wesentlichen die Überschriften von Kapiteln und Unterkapiteln sowie die zentralen Sätze dieser Packages – alle wörtlich kopiert. Dann hat Google den Rest sinngemäß übernommen."

Später erläutern die Anwälte anhand der Klasse URLConnection die Leistung von Suns Java-Entwicklern. Diese Klasse nennen sie mehrmals "Programm" und benutzen sie als Beispiel für die behauptete Copyright-Verletzung Googles: Der Internetkonzern habe die Klasse unter demselben Namen und mit denselben Methoden implementiert – eben "Überschriften von Kapiteln und Unterkapiteln" kopiert und den Rest sinngemäß übernommen.

Dieses Plagiieren von 37 API-Definitionen steht im Zentrum der Berufungsbegründung. Nach Auffassung Oracles bedeutet die Entscheidung von Alsup, dass "Software oder vielleicht eine bestimmte Art von Software weniger den Urheberrechtsschutz benötigt als irgendein anderes Werk". (ck)