Kabinett beschließt Umsetzung des Fluggastdaten-Abkommens

Die Bundesregierung hat einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, mit dem hierzulande die heftig umstrittene Weitergabe von Passenger Name Records an die USA geregelt werden soll.

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Die Bundesregierung hat Mitte des Monats einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, mit dem die hierzulande heftig umstrittene Weitergabe von Flugpassagierdaten an die USA geregelt werden soll. Es geht dabei um die nationale Umsetzung des Abkommens (PDF-Datei) zwischen der EU und den USA über den Transfer der so genannten Passenger Name Records (PNR). Konkret betrifft der Vorstoß laut dem federführenden Bundesinnenministerium die Übermittlung von Fluggastdaten bei Passagierflügen in die oder aus den Vereinigten Staaten sowie die dortige Datenverwendung. Der Transfer und die Auswertung diene der Bekämpfung von Terrorismus und sonstiger schwerer Straftaten grenzüberschreitender Art, einschließlich der organisierten Kriminalität, betont das Ministerium. Das Vertragswerk schaffe hierfür auch den bereichsspezifischen Datenschutz.

Mit der transatlantischen Übereinkunft sollen die umfangreichen Fluggastdaten künftig 15 statt bislang dreieinhalb Jahre in den USA vorgehalten werden. Das Innenministerium unterstreicht im Rahmen der späten Bekanntgabe des Kabinettsbeschlusses, dass während der ersten sieben Jahre eine "auswertungsfähige Speicherung" erfolge. Im Folgezeitraum seien die Daten gewissermaßen archiviert und nur unter zusätzlichen Schutzvorkehrungen zugänglich. Weiter betreiben die USA aber auch das Überwachungsprogramm Automated Targeting System (ATS). Dabei geht es um die Risikobewertung von Einreisenden in die USA gemäß einem undurchsichtigen Scoring-Verfahren. In dieses System eingepflegte PNR-Daten europäischer Passagiere dürfen die US-Sicherheitsbehörden gegenwärtig bis zu 40 Jahre aufbewahren. In diesem Rahmen sammelt Washington umfangreiche Informationen über Reisende.

Das Innenministerium hebt hervor, dass das Abkommen eine Zweckbindung der Datennutzung vorschreibe. Dazu komme ein Verwendungsverbot für sensible Daten, die nur in den Ausnahmefällen von Lebensgefahr genutzt werden dürften. Durch das geplante Vertragsgesetz erhalte die Datenübermittlung der Fluggesellschaften eine sichere Grundlage. So werde eine reibungslose Fortsetzung des transatlantischen Luftverkehrs gewährleistet.

Der Vertrag wird derzeit bereits vor Inkrafttreten des geplanten Gesetzes im Rahmen des nationalen Rechts vorläufig angewendet. Offiziell gültig wird er erst, nachdem die EU-Mitgliedstaaten die innerstaatlichen Implementierungsverfahren abgeschlossen haben. Das Abkommen ist zunächst auf sieben Jahre geschlossen, seine Durchführung soll regelmäßig gemeinsam von der EU und den USA überprüft werden.

Europäische Fluglinien müssen Sicherheitsbehörden jenseits des Atlantiks gemäß dem Vertrag Angaben zum Buchungscode, Datum der Reservierung, geplante Abflugdaten, Anschrift, Zahlungsart, Rechnungsanschrift, Telefonnummern, Reiseverlauf, Vielflieger-Einträge, Reisebüro, Bearbeiter, Reisestatus, E-Mail-Adresse, Informationen über die Flugscheinausstellung (Ticketing), allgemeine Bemerkungen, Flugschein- und Sitzplatznummer, Nummern der Gepäckanhänger oder spezielle Service-Anforderungen wie Essenswünsche übermitteln. Für andere Länder hat das US-Ministerium für innere Sicherheit nach Verabschiedung des Abkommens mit der EU eine deutlich reduzierte Datenabgabe vorgeschrieben.

Für Besorgnis bei Bürgerrechtlern führte jüngst die Ansage der US-Regierung, dass dem Department of Homeland Security (DHS) weite Ausnahmen von einem der wichtigsten Datenschutzgesetze der USA, dem Privacy Act, im Umgang mit der Fluggastdatenregelung gewährt worden seien. EU-Abgeordnete und europäische Datenschützer halten das PNR-Abkommen für einen reinen Rückschritt. Sie bemängeln, dass die Garantien zum Schutz personenbezogener Daten "erheblich niedriger sind als die der vorherigen Vereinbarung und dass auf wichtige Fragen und Defizite nicht eingegangen wird". (Stefan Krempl) / (vbr)