Digitale Wahlstifte bei Hamburger Bürgerschaftswahl grundgesetzwidrig?

Ein neuartiges Wahlverfahren stößt auf den Widerstand von Verfassungsrechtlern

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Von
  • Frank Möcke

Im Februar kommenden Jahres sollen die Hamburger Stimmberechtigten bei der Wahl zur Bürgerschaft ihre Kreuze mit einem digitalen Stift auf die Stimmzettel bringen. Dabei soll eine Minikamera in dem Gerät aufzeichnen, wem der Wähler seine Stimmen gegeben hat. Den Beschluss, diese Stifte in Hamburg einzuführen, hat der Hamburger Senat vor knapp einem Jahr gefällt.

Der Spiegel berichtet in seiner neuesten Ausgabe, der Hamburger Senat habe für diese weltweit einzigartige Zählmethode fünf Millionen Euro locker gemacht und rund 12.000 digitale Wahlstifte bei der Firma Diagramm Halbach im westfälischen Schwerte bestellt, die bereits ein riesengroßes Interesse in anderen Kommunen, Bundesländern und im Ausland registriert habe.

Weil ein Wähler jeweils bis zu sechs Stimmen abgeben und diese auf einen oder mehrere Anwärter verteilen kann, werden auf den Wahlzetteln weit über hundert Namen stehen.Nach alter Methode würde es Tage dauern, die mehrseitigen Stimmzettel der 1,2 Millionen Wahlberechtigten auszuzählen. Dass der Wähler wie bisher seine Stimmzettel mit den Kreuzchen in die Urne wirft, soll nur noch zur Kontrolle dienen.

Die Oppositionsparteien SPD und GAL bemängeln, dass die Stimme eines Wählers, der in der Wahlkabine statt des digitalen Stifts seinen Kugelschreiber benutzt, ungültig sein soll. Weil die digitalen Kreuzchen Vorrang vor den papiernen haben sollen, wittern auch die Hamburger Verfassungsrechtler Ulrich Karpen und Hans Peter Bull einen Grundgesetzverstoß. Der Streit um das so genannte E-Voting eskaliert auch in Ländern, wo bereits seit Jahren elektronische Wahlverfahren im Einsatz sind. Zuletzt ereilte das etablierte Nedap-System in den Niederlanden zumindest vorläufig das Aus. (fm)