Bundesregierung: Grünes Licht für Gesetz gegen Abmahnunwesen

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) hat nach einer Detailänderung seinen Widerstand gegen einen Entwurf für ein Gesetz "gegen unseriöse Geschäftspraktiken" aufgegeben und den Weg für einen Kabinettsbeschluss freigemacht.

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Kulturstaatsminister Bernd Neumann hat nach einer Detailänderung seinen Widerstand gegen einen Regierungsentwurf für ein Gesetz "gegen unseriöse Geschäftspraktiken" aufgegeben. Er habe sich mit dem Bundesjustizministerium auf eine Lösung geeinigt, erklärte der CDU-Politiker am Mittwoch im Bundestag. Damit kann die Bundesregierung – voraussichtlich im März – das Vorhaben beschließen, mit dem insbesondere das Abmahnunwesen eingeschränkt werden soll. So könnte das Gesetz noch vor der Sommerpause und dem Ende der Legislaturperiode den Bundestag passieren.

Prinzipiell soll es bei dem Entwurf des Justizressorts vom Januar bleiben, dass der Streitwert bei ersten Abmahnungen wegen einfacher Urheberrechtsverletzungen pauschal auf 1000 Euro gesenkt wird und so die Anwaltskosten auf 155,30 Euro gedrückt werden. Diese Grenze sollte laut dem Justizministerium nicht gelten, wenn sie "nach den besonderen Umständen des Einzelfalles sowie der Anzahl oder der Schwere der Rechtsverletzungen unbillig" ist. Für diese Fassung hatte sich vor allem der CDU-Rechtspolitiker Günter Krings stark gemacht, der den allerersten Anlauf des Justizressorts vom vergangenen Jahr gestoppt hatte.

In der mit Neumann ausgehandelten Kompromissversion, die heise online vorliegt, wird die Deckelung im eigentlichen Gesetzestext nicht mehr von der "Anzahl oder Schwere" von Rechtsverstößen abhängig gemacht. Die Einschränkung ist gestrichen und – mit einem kleinen Zusatz – in die im Zweifelsfall vor Gericht weniger ins Gewicht fallende Begründung des Paragraphen 49 des Gerichtskostengesetzes überführt worden. In der Erläuterung ist nun nachzulesen: Zu den in diesem Zusammenhang zu berücksichtigenden "besonderen Umständen des Einzelfalles" kann auch eine "in relevantem Ausmaß vom üblichen Maß abweichende Anzahl oder Schwere der Rechtsverletzung gehören".

Letztlich werden sich Gerichte mit der kniffligen Frage konfrontiert sehen, ob bei Filesharing-Fällen die Hürde immer überschritten wird und so die Gesetzesänderung für Tauschbörsen-Massenabmahnungen nicht greift. Die überarbeitete Begründung führt jedoch weiter aus, dass der abgesenkte Streitwert in Höhe von 1000 Euro "in den allermeisten Fällen von Privatpersonen im digitalen oder analogen Umfeld begangenen Urheberrechtsverletzungen angemessen ist". Damit solle aber keine Aussage "über den unbestrittenen Unwert von Urheberrechtsverletzungen an sich getroffen" werden.

"Insgesamt stärken diese Regelungen nicht nur die Position unberechtigt Abgemahnter, sondern tragen auch zu besserer Akzeptanz des Instruments der Abmahnung bei", geht aus Begründung des Gesetzentwurfs weiter hervor. "Damit kommen die Regelungen auch den redlichen Rechtsinhabern und den für sie tätigen Anwälten zugute." Denn diese sähen sich so nicht mehr pauschal dem Vorwurf von Abmahnmissbrauch ausgesetzt.

Wer unberechtigt abgemahnt wird, soll künftig einen Gegenanspruch auf Ersatz seiner Rechtsverteidigungskosten erhalten. Das Gesetz soll so "Waffengleichheit zwischen Rechtsinhaber und vermeintlichem Rechtsverletzer" schaffen. Neumann hatte zunächst auch Bedenken gegen diese Klausel angemeldet und wollte sie auf einen vom Abmahner selbst "erkennbaren" Missbrauch begrenzen, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Auch die geforderte Begrenzung des Deckelungsparagraphen auf Copyright-Sünder, die sich zuvor noch niemals in ihrem Leben gegenüber Dritten zu einer Unterlassung verpflichtet haben, ist vom Tisch. Verbände der Kultur- und Kreativindustrie waren gegen den ersten Kompromissvorschlag vom Januar Sturm gelaufen. Auch die jetzige Version dürfte ihnen nicht ganz schmecken. (anw)