EU vs. Microsoft: Windows 7 in Europa ohne Webbrowser

Microsoft will Schwierigkeiten für die Einführung von Windows 7 im Oktober durch den Kartellrechtsstreit vermeiden. Die EU-Kommission reagierte skeptisch: Es solle mehr, nicht weniger Auswahl bei Webbrowsern geben.

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Von
  • Jürgen Kuri

Microsoft lenkt im Kartellstreit mit der EU-Kommission um die Bündelung von Windows mit dem Webbrowser Internet Explorer ein. Windows 7 werde in der EU ohne integrierten Internet Explorer angeboten, schrieb der stellvertrende Firmen-Justiziar Dave Heiner im Politik- und Rechtsblog von Microsoft. Damit solle eine problemlose Markteinführung von Windows 7 im Oktober gesichert werden. Computer-Hersteller könnten auf den Geräten zugleich vor dem Verkauf Webbrowser nach Wahl installieren.

Die weltweite Markteinführung von Windows 7 rücke schnell nahe, aber das anhängende Kartellverfahren habe Befürchtungen ans Tageslicht gebracht, dass es nicht genügend Wettbewerb bei den Webbrowsern gebe, führte Heiner aus. Microsoft wolle aber Windows 7 in Europa zur gleichen Zeit wie im Rest der Welt herausbringen, gleichzeitig aber müsse man den europäischen Wettbewerbsgesetzen folgen. Daher werde der Internet Explorer nicht mit dem Betriebssystem angeboten, sondern als separates Paket, das eine möglichst einfache Installation sowohl für Enduser als auch für Computerhersteller ermögliche. Den Verbrauchern ebenso wie den PC-Produzenten stünde es daher frei, den Internet Explorer oder irgendeinen anderen Webbrowser ihrer Wahl auf Windows-7-Systemen zu installieren, betonte Heiner. Auch die europäische Version von Windows 7 werde bei der anfänglichen Installation alle Funktionen enthalten, die Windows 7 auch den Anwendern in anderen Teilen der Welt offeriere – mit Ausnahme eben des Internet Explorer.

Die EU-Wettbewerbshüter reagierten laut dpa skeptisch auf die Ankündigung. Im laufenden Wettbewerbsverfahren über das Bundling des Webbrowsers mit dem Betriebssystem dringe die EU-Kommission darauf, dass es bei Windows mehr Auswahl bei Browsern geben soll und nicht weniger. Bei der Kommission hieß es weiter, das Wettbewerbsverfahren zu den Webbrowsern solle bald abgeschlossen werden.

Die EU-Wettbewerbshüter untersuchen nach einer Beschwerde des Microsoft-Konkurrenten Opera, ob der Softwareriese aus den USA mit der Koppelung des Internet Explorer und Windows den freien Wettbewerb behindert. Der Beschwerde Operas hatten sich unter anderem auch die Mozilla Foundation, Google und die Free Software Foundation Europa sowie der IT-Interessenverband European Committee for Interoperable Systems (ECIS) angeschlossen. Es drohten ein erneutes hohes Bußgeld und weitere Sanktionen. Zuletzt hatte die EU-Kommission PC-Hersteller befragt, ob der Konzern auf die PC-Hersteller Druck ausgeübt habe, damit sie sich gegen einen Plan der EU-Kommission aussprechen, PC-Nutzern Alternativen zum Internet Explorer anbieten zu lassen.

Die Wettbewerbshüter in Brüssel hatten erst im Februar vergangenen Jahres ein Rekordbußgeld von 899 Millionen Euro gegen den Konzern verhängt, da er seine Konkurrenten behinderte. Das Unternehmen verlangte jahrelang zu hohe Lizenzgebühren für technische Informationen. Die Strafzahlungen an die EU erreichen bisher 1,677 Milliarden Euro. Eine erste Buße war 2004 mit fast 500 Millionen Euro fällig geworden. Microsoft musste zudem technische Einzelheiten an andere Hersteller offenlegen, damit deren Software mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows vereinbar wird. Nach Ansicht der Kommission kam Microsoft dieser zwingenden Verpflichtung bis Oktober 2007 nicht nach.

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(jk)