Union und Grüne für Wiederwahl Schaars zum Bundesdatenschutzbeauftragten

Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, die 2003 fast geschlossen gegen die Wahl von Peter Schaar zum Bundesdatenschutzbeauftragten gestimmt hat, plädiert nun für eine zweite Amtszeit des Datenschützers.

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Kehrtwende in der Union: 2003 stimmte die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag noch fast geschlossen gegen die Wahl von Peter Schaar zum Bundesdatenschutzbeauftragten. Jetzt haben die Konservativen im Parlament im Einvernehmen mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) den steten Mahner für die Bürgerrechte "anlässlich der aktuell bekannt gewordenen Vielzahl der Verstöße gegen den Datenschutz" für eine zweite Amtszeit vorgeschlagen.

Man habe bei der Bundesregierung angeregt, dass diese den "erfahrenen" Hüter der Privatsphäre für eine Wiederwahl ins Spiel bringe, erklärten der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Wolfgang Bosbach, und der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, am heutigen Donnerstag in Berlin. "Datenschutz bekommt durch die Fortentwicklung der Informationstechniken eine völlig neue Dimension", sind sich die beiden Innenpolitiker einig und sprechen von "neuen Herausforderungen" für den Datenschützer.

Bei seinem Amtseintritt im Dezember 2003 hatte Schaar eine neue Datenschutzkultur gefordert, konnte bei den Parteien und in der Regierung aber bislang keine mehrheitliche Unterstützung für eine grundlegende Modernisierung des Bundesdatenschutzgesetzes und dessen Anpassung an die digitale Welt erzielen. Der den Grünen angehörende Volkswirt lieferte sich unter anderem einen heftigen Schlagabtausch mit dem damaligen Innenminister Otto Schily (SPD) über dessen Pläne zur Einführung biometrischer Merkmale in Reisepässe.

Den amtierenden Innenminister Schäuble hat Schaar wiederholt wegen der Anti-Terrordatei oder der Pläne für heimliche Online-Durchsuchungen durch das Bundeskriminalamt (BKA) scharf kritisiert. Er gilt zudem als entschiedener Gegner der anlasslosen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten. Der Regierung warf Schaar auch schon einmal vor, den Datenschutz der Bürger "sträflich vernachlässigt" zu haben. Von anderen Bürgerrechtlern musste sich der Familienvater aber auch Kritik wegen seiner pragmatischen Haltung zur einwöchigen Speicherung von IP-Adressen bei der Deutschen Telekom anhören.

Silke Stokar, innenpolitische Sprecherin der Fraktion der Grünen im Bundestag, begrüßte den überraschenden Vorstoß aus dem schwarzen Lager. Sie empfand es als "bemerkenswert, dass die Union in ihrer Erklärung zur Wiederwahl von Peter Schaar auch inhaltlich deutlich macht, dass die Bedeutung des Datenschutzes bei der CDU angekommen ist". Dazu hätten wohl die Bespitzelungs- und Überwachungsaffären etwa bei der Telekom oder bei Lidl ihren Teil beigetragen. Diese hätten allgemein verdeutlicht, "dass die Informationsgesellschaft einen verlässlichen Datenschutz braucht".

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz wird auf Vorschlag der Regierung vom Bundestag mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Der Bundespräsident ernennt ihn. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre, er kann einmal wiedergewählt werden. Das Büro des Bundesdatenschutzbeauftragten ist dem Bundesinnenministerium angegliedert. Die SPD hat sich bislang nicht festgelegt, ob sie ebenfalls noch einmal Schaar, der seit Januar 2006 nach Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes auch Bundesbeauftragter für die Informationsfreiheit ist, unterstützen oder einen eigenen Kandidaten für das Amt aufstellen will. (Stefan Krempl) / (vbr)