SPD fordert "Pakt für die Kreativwirtschaft"

Die Oppositionsfraktion will Künstlern und der Kulturindustrie durch eine umfassende Reform des Urheberrechts, eine "aufgeklärte Netzpolitik" und bessere soziale Absicherung unter die Arme greifen.

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Die SPD regt einen "Pakt für die Kreativwirtschaft" an, der unter dem Titel "Projekt Zukunft – Deutschland 2020" in ein Gesamtkonzept münden soll, mit dem Künstler und Kulturindustrie gefördert werden sollen. In einem Antrag (PDF-Datei) setzt sich die größte Oppositionsfraktion im Bundestag dafür ein, das Urheberrecht umfassend zu novellieren und Kreative besser sozial abzusichern. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warb in der 1. Lesung des Papiers am Freitag in Berlin auch für eine "aufgeklärte Netzpolitik". Diese solle dafür sorgen, den Kreativen mehr Raum und mehr Chancen im Internet zu geben.

Die Wertschöpfung der Kreativwirtschaft "kann sich locker mit der Automobil- oder mit der Chemiebranche messen", führte Steinmeier aus. Inzwischen arbeiteten mehr als eine Million Menschen in dem Sektor. Faire Bezahlung und soziale Sicherheit seien in dieser Branche aber immer noch ein Fremdwort. Steinmeiner rügte, dass das Bundesjustizministerium "keinen Handschlag für den 3. Korb der Reform des Urheberrechts gemacht hat".

Der Öffentlichkeit müsse wieder begreiflich gemacht werden, dass Verwertungsgesellschaften "den Nutzern nicht etwas nehmen, worauf sie eigentlich kostenfreien Anspruch haben", sondern vor allen Dingen Künstler schützten. Es müssten gute legale Angebote entwickelt und mehr Einsicht darin geschaffen werden, dass nicht nur das Smartphone Geld kostet, "sondern auch das, was drauf ist, der Content, die Kunst". Vergüten statt verbieten sei der richtige Weg.

Wo Zugang zum Netz bestehe und wo es Teilhabe gebe, werde Kreativität gefördert, erläuterte der SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil. Deswegen trete seine Partei für einen universellen Anspruch auf einen Breitbandzugang ein. Auch plädierte er dafür, die Netzneutralität gesetzlich zu verankern und die Haftungsunsicherheiten für öffentliche WLAN-Hotspots zu beseitigen. Open Access, Open Education, Open Data, Open Government und Open Innovation sind weitere Stichwörter. Schwarz-Gelb warf Klingbeil dagegen vor: "Statt politisch aktiv zu werden, überlassen Sie die Lösung beim Urheberrecht Anwälten und Gerichten".

Die Linke Petra Sitte sah ein gemeinsames Potenzial, ein progressives und solidarisches Programm umzusetzen, um den Strukturwandel namens Digitalisierung zu begleiten. So ein Rundumschlag bleibe aber wohl zwangsläufig an vielen Stellen eher oberflächlich. Viele Vorschläge wie zur Reform der Verwertungsgesellschaften oder für ein durchsetzungsstarkes Urhebervertragsrecht hätten die Linken schon eingebracht. Um die "prekäre Beschäftigung" bei vielen "Kreativjobs" zu beseitigen, forderte sie unter anderem "Mindesthonorare" für Freiberufler und "Solo-Selbstständige".

Die Grüne Tabea Rößner bezeichnete es als überfällig, "dass wir die Kreativwirtschaft als Ganzes betrachten". Ein parallel eingebrachter Antrag der Regierungsfraktionen dazu, die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors weiter zu erhöhen, sei dagegen dünn. Rößners Fraktionskollege Konstantin von Notz monierte, dass die großspurige Überschrift des SPD-Antrags "etwas zu viel" verspreche.

Im Namen der CDU/CSU-Fraktion erinnerte Dagmar Wöhrl daran, dass das Bundeswirtschaftsministerium bereits 2007 eine Initiative Kultur- und Kreativitätswirtschaft ins Leben gerufen habe. Auch dem FDP-Staatssekretär Hans-Joachim Otto aus dem Wirtschaftsressort erschloss sich vor dem Hintergrund, dass die Fraktionen zur Förderung der Kreativwirtschaft jahrelang zusammengearbeitet hätten, nicht, warum ein völlig neues Gesamtkonzept nötig sei. Für ihn bleibt unklar, ob die SPD "den Schutz des geistigen Eigentums stärken oder – einem Zeitgeist folgend – kostenlose Nutzungen erzwingen wolle. (anw)