Atomare Ladungsmessung

Wissenschaftler der Universitäten Regensburg und Utrecht haben gemeinsam mit Forschern des IBM-Labors in Rüschlikon bei Zürich erstmals den Ladungszustand von einzelnen Atomen direkt gemessen.

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Wissenschaftler der Universitäten Regensburg und Utrecht haben gemeinsam mit Forschern des IBM-Labors in Rüschlikon bei Zürich erstmals den Ladungszustand von einzelnen Atomen direkt gemessen. Mit Hilfe eines Rasterkraftmikroskops konnten sie dabei zwischen ungeladenen, positiv oder negativ geladenen Atomen unterscheiden – bei einer nanometergenauen räumlichen Auflösung. Dies eröffnet nach Auffassung der Wissenschaftler völlig neue Möglichkeiten für die Erforschung von molekularer Elektronik, der Katalyse oder der Photovoltaik.  

Leo Gross und Kollegen berichten über die Arbeit in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Science. Sie berichten darin, wie sie einzelne, unterschiedlich geladene Gold- und Silberatome abbilden und deren Ladungszustand aufgrund kleinster Unterschiede in der Kraft zwischen der Spitze eines Rasterkraftmikroskops und diesen Atomen exakt bestimmen konnten.

Ein Rasterkraftmikroskop misst mittels einer atomar feinen Spitze, die auf einem schwingenden Federbalken angebracht ist, die Kräfte, die zwischen dieser Spitze und der zu untersuchenden Probe auftreten. In der vorliegenden Arbeit verwendeten die Forscher einen so genannten qPlus Kraftsensor, bei dem die Spitze eines Zinkens auf einer Art Stimmgabel angebracht ist, während der andere Zinken fixiert ist. Die Stimmgabel wird mechanisch angeregt. Wird die Spitze nun sehr nah über der Probe, etwa über einem einzelnen Atom, platziert, verändert sich die Resonanzfrequenz der Stimmgabel aufgrund der Kräfte, die zwischen Probe und Spitze auftreten. Die Kraftdifferenz zwischen einem neutralen Goldatom und einem Goldatom mit einem zusätzlichen Elektron beträgt nur etwa 11 Pikonewton – die Messgenauigkeit dieser Experimente liegt im Bereich von einem Pikonewton. „Ladungszustand und -verteilung sind kritische Größen in der Katalyse und bei der Umwandlung von Licht in elektrische Energie", erklärt IBM-Forscher Leo Gross. "Das Abbilden der Ladungsverteilung auf atomarer Skala könnte zu einem besseren Verständnis der grundlegenden Abläufe auf diesen Gebieten führen.“

IBM gilt seit der Erfindung des Rastertunnelmikroskops im Jahr 1981 durch Gerd Binnig und Heinrich Rohrer am Zürcher Labor als Pionier auf dem Gebiet der Nanowissenschaft. Für diese Entwicklung erhielten Binnig und Rohrer 1986 den Nobelpreis für Physik. Im vergangenen Sommer hatten die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich und IBM den Bau eines gemeinsamen Nano-Labors angekündigt. In der aktuellen Ausgabe 06/09 (seit dem 20. 5. am Kiosk oder portokostenfrei online zu bestellen) bietet TR in einer Fotostrecke faszinierende Einblicke in die Nanowelt.

Siehe dazu auch Technology Review 06/09:

(wst)