Cebit

Merkel: Die "Shareconomy" darf niemanden zurücklassen

Bundeskanzlerin Angelika Merkel verwies zur Eröffnung der CeBIT 2013 am Montagabend darauf, dass angesichts der rasenden Entwicklung der Informationstechnik niemand zurückgelassen werden dürfe.

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Gruppenbild mit Kanzlerin: Kempf (Bitkom), Enders (EADS), Tusk (Ministerpräsident Polen), Merkel, Weil (Ministerpräsident Niedersachsen)

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der polnische Ministerpräsident Donald Tusk haben am Montagabend im Kongresscentrum Hannover vor rund 2500 geladenen Gästen die CeBIT 2013 offiziell eröffnet. Unter dem Motto "Shareconomy" will sich die weltgrößte Computermesse in diesem Jahr mit dem Wirtschaften im Zeitalter des Internets befassen: Es geht um das Teilen von Wissen, Ressourcen, Gegenständen und Erfahrungen. Partnerland der CeBIT ist in diesem Jahr unser Nachbarland Polen.

Neue Technologien müssten der Menschheit zu Gute kommen und dürften nicht gegen sie eingesetzt werden, mahnte Tusk. In diesem Zusammenhang erinnerte er an den Widerstand gegen ACTA, der in Polen seinen Ausgang genommen hatte. Das intellektuelle Potenzial der Polen seien eine der wichtigsten Ressourcen seines Landes, betonte der polnische Ministerpräsident in seiner Ansprache zur Eröffnung der Messe. Die Partnerschaft mit der CeBIT sei wichtig für die sich dynamisch entwickelnde IT-Branche in Polen, die mit 150 Ausstellern auf der Messe vertreten ist.

"Denken Sie außer Ihrem neuen Produkt auch an die Folgen, die es für die Gesellschaft haben kann", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel an die Adresse der anwesenden Industrievertreter. Die Kanzlerin sieht die Aufgabe der Politik darin, dafür Sorge zu tragen, dass nicht Teile der Bevölkerung von der Entwicklung abgekoppelt werden. Internet der Dinge und Shareconomy seien "mehr als nur eine technische Innovation". Sie seien Ausdruck eines "tiefgreifenden Wandels, auf den die soziale Marktwirtschaft eine Antwort finden muss". Merkel verwies in diesem Zusammenhang auch auf den zuletzt wegen der Arbeitsbedingungen von Leiharbeitern in die Schlagzeilen geratenen Internethändler Amazon.

Angela Merkel sprach zur Eröffnung der CeBIT 2013 auch über Verantwortung.

"Das Internet hat sich eingenistet in der realen Produktion", bilanzierte die Bundeskanzlerin und scherzte angesichts des vom Bitkom-Chef ins Spiel gebrachten Begriffs "Industrie 4.0", dass die gute alte CeBIT vielleicht wieder mit der Hannover Messe verschmelzen könnte, aus der sie vor über einem Vierteljahrhundert hervorgegangen war.

Merkel warb in ihrer Rede dafür, den rasanten Wandel in der IT-Welt mit dem richtigen politischen Rahmen zu stützen, um global den Anschluss nicht zu verpassen. Maschinenbau und Autoindustrie allein reichten nicht aus, um die Zukunft zu sichern. "Wir müssen aufpassen, dass wir eine wirkliche Gründungskultur entwickeln", sagte Merkel zur Förderung vielversprechender Ideen.

Der künftige Mars-Rover "Bridget" hatte einen großen Auftritt in Hannover.

(Bild: heise online/Holland)

Für die Luftfahrtbranche (und alle anderen) sei die IT manchmal ein bisschen zu schnell und zu innovativ, meinte EADS-Chef Thomas Enders. Er appellierte an die Vertreter der IT-Industrie, die Zusammenarbeit mit anderen Branchen zu verstärken, um diese Lücke zu schließen. Enders hatte den europäischen Marsrover "Bridget" mitgebracht, an dem die EADS-Tochter Astrium mit der europäischen Raumfahrtagentur ESA arbeitet. Bridget durfte die Messe auf Knopfdruck der Prominenz symbolisch eröffnen.

Über 4100 Unternehmen zeigen in diesem Jahr ihre Waren und Dienstleistungen auf der Messe, das sind etwas weniger als noch im Vorjahr. Doch die CeBIT will Aussteller, Besucheranzahl und Fläche als Indikatoren ihres Erfolgs nicht mehr gelten lassen. "Für uns sind vielmehr die Punkte Besucherqualität, Unternehmensstruktur und Reichweite wichtig“, sagt Messe-Chef Frank Pörschmann. Wie im vergangenen Jahr präsentieren sich die Aussteller auf den vier übergreifenden Plattformen "Pro" (Geschäftskunden), "Life" (Privatnutzer), "Gov" (öffentliche Hand) und "Lab" (Forschung).

Das diesjährige CeBIT-Motto "Shareconomy" erklärt Bitkom-Präsident Dieter Kempf mit einem "Paradigmenwechsel" weg "von der Ökonomie des Besitzens zu einer Ökonomie des Teilens", für den IT und Telekommunikation "das Tor aufstoßen". Die Shareconomy brauche neue Denkansätze. Kempf nutzte die Gelegenheit, einmal mehr auf den von der Branche mantramäßig beklagten Fachkräftemangel hinzuweisen.

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) riet den Unternehmen, dafür auch die Messe zu nutzen. "Die Cebit wandelt sich immer mehr auch zu einer Jobbörse", betonte der Landesvater zur Begrüßung der internationalen Gäste in der Landeshauptstadt. "Nutzen Sie die Chance, qualifizierte Bewerber aus dem In- und Ausland für sich zu gewinnen", forderte der Ministerpräsident die anwesenden Branchenvertreter auf.

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) vergab im Rahmen der Eröffnungszeremonie den ersten Preis im Rahmen des CeBIT Innovation Award 2013 an das Forschungsprojekt "Display as a Service", bei dem verschiedene Displays von einem Gerät über das Internet angesteuert werden können. Das Projekt wird unter der Leitung von Alexander Löffler am Intel Visual Computing Institut der Universität des Saarlandes entwickelt. Die weiteren Preisträger des CeBIT Innovation Awards werden am Dienstag auf der Messe ausgezeichnet.

Die CeBIT öffnet am Dienstag um 9 Uhr ihre Pforten. Bis Samstag 9. März stehen die Hallen auf dem Messegelände in Hannover täglich von 9 bis 18 Uhr für Fachbesucher und das interessierte Publikum offen. Eine Tageskarte kostet 40 Euro; Dauerkarten sind für 90 Euro zu haben. Ermäßigte Tageskarten zu 18 Euro gibt es für Messebesucher mit Behinderungen (inkl. einer Begleitperson) und am Samstag für Schüler, Auszubildende und Studenten sowie Wehrdienst- und Freiwilligendienstleistende. (mho) / (vbr)