NASA lässt Pläne für bemannten Marsflug nicht fallen

Dass die NASA jemals einen bemannten Flug zum Mars unternimmt, wird immer unwahrscheinlicher. Kleine Teams am Johnson Space Center planen dennoch unverdrossen weiter die lange Reise.

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Dass die NASA jemals einen bemannten Flug zum Mars unternimmt, wird immer unwahrscheinlicher. Kleine Teams am Johnson Space Center planen dennoch unverdrossen weiter die lange Reise, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 4/2013.

2008 verbot der Kongress der NASA, weitere Mittel darauf zu verwenden, die bemannte Erkundung des Mars voranzutreiben. Denn nach Schätzungen der Raumfahrtbehörde würden sich die Kosten einer solchen Mission auf satte 500 Milliarden Dollar über 30 Jahre belaufen. „Mars wurde zu einem Tabuwort“, beklagt Bret Drake, stellvertretender Chef des bemannten Raumfahrt-Architekturteams am Johson Space Center in Houston.

Der 51-Jährige, der seit 1988 über bemannte Mars-Missionen nachdenkt, hat mit seinen Kollegen 2009 eine „Design-Referenzarchitektur“ entwickelt - eine Art Roadmap für die noch zu lösenden technischen Probleme: Mehr als zwei Jahre im All unterwegs zu sein, würde die Raumfahrer länger der Isolation und Schwerelosigkeit aussetzen als je zuvor.Potenziell tödliche kosmische Strahlen, die normalerweise von Magnetfeld und Atmosphäre der Erde abgeblockt werden, würden die Raumfähre während des Fluges treffen und die Astronauten auch auf dem Mars bedrohen. Die NASA könnte die normale Hintergrundstrahlung im All zwar durch die Beschichtung der Fähre und Mars-Behausung abschirmen. Aber für gelegentliche Sonnenstürme mit ihren weit höheren Strahlendosen bräuchte es wohl spezielle Schutzräume – und geeignetere Vorhersagemethoden, damit die Astronauten Zeit haben, sich bei Gefahr dorthin zurückzuziehen.

Ein weiteres – bislang ungelöstes – Problem ist, dass die Mars-Atmosphäre zwar so dick ist, dass ein landendes Fahrzeug einen Schutz vor der beim Eintritt auftretenden Reibungshitze bräuchte. Gleichzeitig ist sie aber zu dünn, um die Landung stark genug abzubremsen. Ein völlig neues Vehikel wäre demnach nötig. Der für die Sonde Curiosity verwendete Sky Crane wäre ungeeignet, da eine Fähre mit Menschen 30-mal mehr wiegen würde. Obwohl die NASA derzeit ein Gefährt mit Schwerlastfähigkeit baut, das Menschen zum Mars bringen könnte – im Prinzip eine größere Version der Mondraketen –, gibt es keine Pläne für eine Landefähre. Ihre Entwicklung und die Tests der Technologien müssten in den nächsten Jahren beginnen, um eine Mission Mitte der 2030er-Jahre zu ermöglichen.

Die größte Herausforderung aber ist, Menschen auf einem fremden Planeten über lange Zeiträume zu schützen und zu ernähren. Der künstliche Lebensraum muss die Astronauten vor den Widrigkeiten des Planeten wie Staubstürmen und Temperaturschwankungen von minus 140 bis plus 25 Grad Celsius schützen soll. Die NASA erprobt ein aufblasbares Biotop, das auf dem Weg zum Mars dicht gepackt werden kann. Da kein einzelnes Material alle Anforderungen erfüllen kann, wollen die NASA-Techniker mehrere Materialien kombinieren, beispielsweise Kevlar und Nextel, ein Isoliermaterial, das für Raumfähren verwendet wurde. Die Techniker schätzten, dass es noch 10 bis 15 Jahre dauern könnte, bis die Behausung zuverlässig genug ist, um sie einzusetzen.

Eine Behausung auf dem Mars könnte zwar ein Treibhaus enthalten, aber es ist unwahrscheinlich, dass dort genügend Anbaufläche wäre, um den vollen Kalorienbedarf zu decken. Auch dehydrierte Nahrung, die vor dem Verzehr mit Wasser versetzt wird, wäre wohl nicht praktikabel, glaubt die NASA-Wissenschaftlerin Michele Perchonok. Denn sie müsste fünf Jahre lang ausreichende Nährstoffe bieten – genauso lange wird sie halten müssen, wenn sie wie geplant der ersten Crew vorausgeschickt wird. Druckbehandeltes Essen ist zur Zeit die wahrscheinlichste Antwort.

Eine Marsmission würde weniger Geld kosten als häufig gedacht, behauptet Drake. Die von der Obama-Administration eingesetzte Augustine Commission lag seiner Ansicht nach ziemlich richtig, als sie zu dem Schluss kam, die NASA könnte ein Programm zur Marserkundung sowohl durch Menschen als auch durch Roboter unterhalten, wenn ihr Jahresbudget von19 Milliarden Dollar im Jahr 2010 um drei Milliarden Dollar erhöht würde. Der NASA-Haushalt bewegt sich jedoch in die umgekehrte Richtung – er liegt jetzt bei 18 Milliarden Dollar.

(wst)