Chemie-Nobelpreis für Erforschung von Katalyse

Der Chemiker Gerhard Ertl wird für seine systematische Erforschung von chemischen Reaktionen an Oberflächen mit dem diesjährigen Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet.

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Zwei Nobelpreise in zwei Tagen für deutsche Wissenschaftler: Nachdem gestern der Physiker Peter Grünberg geehrt wurde, klirrten heute morgen um 11:45 Uhr die Sektgläser vor dem Büro von Gerhard Ertl im Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft im Faraday-Weg 4–6 D in Berlin. Der Chemiker wurde für seine systematische Erforschung von chemischen Reaktionen an Oberflächen (PDF-Datei) ausgezeichnet. Einfach ausgedrückt: Seine Arbeit lieferte das grundlegende Verständnis dafür, wie Eisen rostet, der Autokatalysator arbeitet, wie Kunstdünger hergestellt wird oder eine Brennstoffzelle funktioniert.

"Endlich", war die Reaktion seines Kollegen und Institutsleiters für Technische Chemie an der Universität Stuttgart, Jens Weitkamp, mit dem er gemeinsam eine Enzyklopädie zur Katalyse herausgegeben hat. Ein Gespräch mit Ertl selbst ist seit 11:45 Uhr nahezu unmöglich. "Seit mehr als zehn Jahren warte ich darauf, dass er ausgezeichnet wird – mir würde auf Anhieb keiner einfallen, der es in diesem Gebiet mehr verdient hätte," fügt er hinzu. Die Nachricht von der Auszeichnung nimmt Ertl heute an seinem 71. Geburtstag entgegen.

Alles begann in den 60er-Jahren mit der Erforschung des langsamsten Schrittes der Kunstdünger-Herstellung. Im so genannten Haber-Bosch-Verfahren wandeln sich Wasserstoff und Stickstoff im Beisein von fein verteiltem Eisen zu Ammoniak, wobei das Eisen als Stütze dient. "Kritisch ist immer der langsamste Schritt, wenn man Verfahren verbessern will", sagt Weitkamp, und so hat die Erforschung der einzelnen Schritte, die bei Katalysereaktionen ablaufen, eine immense wirtschaftliche Bedeutung.

Die dazu notwendigen Messungen verlangen allerdings großes Geschick – ein einziges Verunreinigungsmolekül kann eine Messung komplett verfälschen – und eine kreative Kombination verschiedenster experimenteller Techniken: Ertel bombardierte die Oberfläche des Eisens mit Elektronen. Sie verteilen sich daraufhin zu einem besonderen Muster. Dieses Muster verändert sich, wenn sich ein Stickstoffatom am Eisen anlagert. Auf ähnliche Weise fand er auch heraus, was sich in einem Autokatalysator abspielt, bei dem Kohlenmonoxid durch Platin zu Kohlendioxid umgewandelt wird.

Der Nobelpreis wird für erbrachte Leistungen vergeben. Doch dieses Mal hat das Komitee scheinbar nicht nur die Vergangenheit im Blick gehabt. "Die Grundlagen, die Gerhard Ertl mit seiner Forschung für das Verständnis der Katalyse legte, haben immense Bedeutung für die Zukunft", sagt Weitkamp. Die großen Probleme der Menschheit seien ohne Katalyse nicht zu lösen. (Edda Grabar) / (wst)