Solo-Selbständige: Allein und arm

Die Zahl der Solo-Selbständigen in Deutschland wächst deutlich stärker als die der Angestellten. Allerdings sind die Verdienstaussichten der Freelancer oftmals gering.

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Von
  • Marzena Sicking

In den letzten 20 Jahren ist die Zahl der Selbständigen stark angestiegen. Die meisten davon arbeiten als sogenannte Solo-Selbständige, also auf eigene Rechnung und ohne weitere Angestellte. Vor allem die Zahl der allein tätigen Frauen hat sich kräftig erhöht. So ist die Zahl der Ein-Personen-Unternehmen laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zwischen 2000 und 2011 um rund 40 Prozent auf etwa 2,6 Millionen angewachsen. Damit sind mittlerweile rund 57 Prozent aller Selbständigen in Deutschland Solo-Selbständige.

Wie die Studie weiter zeigt, sind sie im Durchschnitt besser qualifiziert als die Gesamtheit der Erwerbstätigen, aber nicht automatisch auch besser verdienend. Zwar erzielt ein Teil der Solo-Selbständigen durchaus hohe Einkünfte, doch das mittlere Einkommen dieser Erwerbstätigengruppe liegt noch unter dem der Arbeitnehmer. Rund ein Drittel dieser Selbständigen und damit etwa 800.000 Personen, kommt über das Niveau des Niedriglohnsektors nicht hinaus. Bei den abhängig Beschäftigten beträgt der Anteil am Niedriglohnsektor nur 22 Prozent.

Besonders hoch ist der Anteil der Geringverdiener unter den Solo-Selbständigen in Ostdeutschland. Auch Frauen verdienen häufig viel zu wenig, ebenso wie Teilzeitkräfte und Geringqualifizierte. Deshalb bilden viele der Selbständigen auch keine finanziellen Rücklagen. Sie haben somit kein Geld, um eine mögliche Auftragsflaute zu überbrücken oder für den Renteneintritt vorzusorgen. Überdurchschnittlich viele der Selbständigen sind somit auch von Altersarmut bedroht. Die finanziell schlechten Aussichten dürften auch der Grund dafür sein, dass für viele die Selbständigkeit nur eine vorübergehende Lösung ist. Die meisten der Solo-Selbständigen, die ihr Gewerbe wieder aufgeben, wechseln wieder in eine abhängige Beschäftigung zurück. Von den in der ersten Studie Befragten waren fünf Jahre später nur noch 55 Prozent selbständig. Weitere Erkenntnis: Wer selbständig bleibt, bleibt meist auch allein: nur ein Zehntel der im Jahr 2006 befragten Solo-Selbständigen hatte bis 2011 einen oder mehrere Beschäftigte.

Gründe für die Solo-Selbstständigkeit

(Bild: DIW Berlin)

An mangelndem Wissen kann es jedenfalls nicht liegen: im EU-weiten Vergleich finden sich unter den Solo-Selbständigen nirgendwo so viele Personen mit einem akademischen oder technischen Hintergrund. Der Anteil der Handwerker und landwirtschaftlichen Arbeitskräfte ist hierzulande deutlich geringer als in anderen Ländern. Insgesamt sind zwölf Prozent der arbeitenden Bevölkerung in Deutschland selbständig, davon zählen 57 Prozent zu der Gruppe der Solo-Selbständigen. Das ist deutlich unter dem EU-Durchschnitt von etwa 17 Prozent an Selbständigen bzw. 72 Prozent an Solo-Selbständigen.

Ein steigender Anteil in Deutschland sei nicht unbedingt wünschenswert, wie die Analysten mahnen. Denn die Solo-Selbständigen erweisen sich keinesfalls als Job-Motor, oftmals würden sie nur aus der Not heraus in diese Arbeitsform wechseln. Mit Unternehmergeist hat das wenig zu tun: Oftmals würden Funktionen, die früher von Festangestellten wahrgenommen wurden, einfach nur in die Selbständigkeit ausgelagert. (gs)
(masi)