SPD-Politikerin plädiert für europaweite Web-Sperren

Web-Sperren gegen Kinderpornografie, wie sie der Bundestag am Donnerstag beschlossen hat, sollten in allen EU- Staaten eingeführt werden, meinte Sachsen-Anhalts Justizministerin Angela Kolb.

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Von
  • Jürgen Kuri

Sachsen-Anhalts Justizministerin Angela Kolb (SPD) hat sich für eine stärkere grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Kampf gegen Kinderpornografie ausgesprochen. Web-Sperren gegen Kinderpornografie, wie sie der Bundestag am Donnerstag beschlossen hat, sollten in allen EU- Staaten eingeführt werden, sagte die Ministerin im Gespräch mit dpa in Magdeburg. "Ich glaube, die Tendenz ist positiv. Es gibt schon einige Staaten, die das erfolgreich praktizieren. Ich halte eine europäische Lösung nicht für ausgeschlossen", sagte Kolb.

"Wir wissen, dass Internet-Sperrungen keine umfassende Lösung bieten. Es gibt nach wie vor Foren, an die man mit diesen Sperren nicht herankommt. Aber wir sagen der Kinderpornografie den Kampf an", sagte Kolb. "Jeder Klick weniger hilft den Kindern. Wenn es keinen Markt dafür gibt, werden auch keine Bilder ins Internet gestellt."

Kolb wies darauf hin, dass kinderpornografische Seiten, die von Deutschland aus ins Netz gestellt werden, in der Regel gelöscht werden könnten. "Wenn die Server im Ausland stehen, haben wir aber wenig Chancen. Wir wollen zwar auch versuchen, dass diese Seiten gelöscht werden", sagte Kolb. Klappt das jedoch nicht, sollen im Internet künftig Stoppschilder erscheinen, wenn kinderpornografische Inhalte aufgerufen werden. Damit soll eindeutig klar gemacht werden, dass ein Umgehen dieser Sperre strafbar ist. "Das Problem ist, dass die meisten Server, über die kinderpornografische Bilder verbreitet werden, im Ausland stehen", erklärte die SPD-Politikern.

Diesen Ansichten dürften aber nicht alle Experten zustimmen. So führte ein Schlag gegen Online-Kinderpornos in Italien gerade zu einem Server in Deutschland, wie die italienische Polizei am heutigen Samstag bekannt gab. Und auf der finnischen Kinderporno-Sperrliste etwa sind größtenteils in den USA gehostete Inhalte geführt, gefolgt von Australien, den Niederlanden und Deutschland. Zudem ergaben Tests, die sowohl die Kinderschutzorganisation Carechild als auch der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur durchführten, dass sich auch kinderpornografische Internetangebote im Ausland relativ einfach aus dem Netz löschen lassen.

Den Kritikern, die wegen der Web-Sperren den Aufbau einer Zensur-Infrastruktur befürchten, die schnell auch für andere Zwecke als die Bekämpfung von Kinderpornografie genutzt werden könne, und die daher die Freiheit des Internets als gefährdet ansehen, hielt Kolb entgegen: "Für mich hat die Freiheit des Internets ihre Grenzen, wo strafrechtliches Tun stattfindet." Derzeit seien weitere Sperren, etwa für Internet-Seiten mit Killer-Spielen, nicht absehbar. Sinnvoller sei, die Verbreitung dieser Spiele über eine stärkere Selbstkontrolle der Hersteller zu verhindern. Allerdings sind einzelne Politiker anderer Parteien hier dezidiert anderer Meinung als Kolb: Der Bundestagsabgeordnete und CDU-Generalsekretär in Baden-Württemberg, Thomas Strobl, meinte, man prüfe ernsthaft, auch Web-Seiten mit sogenannten "Killerspielen" zu blockieren. Auch von anderen Politikern und Verbänden waren bereits Vorschläge zu hören, die Web-Sperren auf andere Bereiche wie Neonazi-Sites auszudehnen oder sie gegen Urheberrechtsverletzungen einzusetzen.

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(Thomas Struk, dpa, Jürgen Kuri) / (jk)