Computacenter-Chef Oliver Tuszik wechselt zu Cisco – die Gründe

Nach fünf Jahren als Chef von Computacenter Deutschland wechselt Oliver Tuszik auf die Herstellerseite. Ab Sommer dieses Jahres wird er bei dem Netzwerk-Giganten eine neue Aufgabe auf DACH-Ebene einnehmen. Vielleicht ist es übertrieben, Tusziks Wechsel als Flucht zu bezeichnen, aber das Angebot von Cisco kam sicher nicht ungelegen.

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Von
  • Damian Sicking

Bald bei Cisco: Computacenter-Deutschlandchef Oliver Tuszik

(Bild: Computacenter)

Lieber Computacenter-Chef Oliver Tuszik,

manchmal hält das Leben ja lustige Zufälle bereit. Vor einer Woche hatte ich Sie an dieser Stelle schon einmal angeschrieben. Damals fragte ich Sie vor dem Hintergrund einer Forschungsarbeit aus Amerika (Titel: "Firmenchefs: Nach 4,8 Jahren geht ihnen die Puste aus"), ob es möglicherweise sinnvoll ist, CEOs und anderen Top-Managern Verträge von längstens fünf Jahren zu geben. Denn nach fünf Jahren lassen Leistungen und Erfolge der Manager spürbar nach, behauptet jedenfalls die US-Studie. Dass ich Sie herausgepickt hatte, dafür gab es einen guten Grund: Denn Sie werden in wenigen Wochen Ihr 5-jähriges Jubiläum als CEO von Computacenter Deutschland feiern.

Das dachte ich jedenfalls. Doch am selben Nachmittag, als meine Kolumne erschien, erhielt ich einen Anruf. Ob ich denn nicht wüsste, dass Sie bei Computacenter gekündigt und bei Cisco unterschrieben hätten. Mitte des Jahres würden Sie dort eine neue Aufgabe übernehmen, irgendetwas Wichtiges auf DACH-Ebene, also für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Ich muss gestehen, das hatte ich nicht gewusst, sonst hätte ich meinem Text sicher einen anderen Dreh gegeben. Aber lustig fand ich dieses zufällige Zusammentreffen schon. Denn es ging in meinem Text ja gerade um die Frage nach der optimalen Vertragsdauer für Spitzenmanager, und wenn Sie bei Computacenter nach fünf Jahren aufhören…

Interessant auch, was mir mein Informant – in den folgenden Tagen meldeten sich weitere Personen bei mir, um mir bei der Abstellung meiner Wissensdefizite zu helfen – über die Gründe Ihres Ausscheidens berichtete. Wie ja allgemein zu lesen war und ich auch in meinem Text letzte Woche angesprochen hatte, ist der Gewinn von Computacenter Deutschland im vergangenen Jahr dramatisch eingebrochen. Um 55 Prozent sackte der Profit nach unten, die Umsatzrendite verschlechterte sich auf nur noch 0,9 Prozent (zum Vergleich: bei den direkten Konkurrenten Bechtle und Cancom lag die Umsatzrendite bei 3,8 bzw. 3,7 Prozent). Auch in den ersten Monaten dieses Jahres soll sich die Ertragslage bei Computacenter in Deutschland nicht substanziell verbessert haben. Die Folge: Sie bekamen immer öfter Besuch von der Muttergesellschaft aus Großbritannien oder mussten in ermüdenden Frage-Antwort-Sitzungen am Telefon die Lage hier in Deutschland erklären.

Als ich das hörte, musste ich spontan an diesen guten Witz denken: Was sind die fünf größten Lügen in der IT-Branche? Vier habe ich gerade vergessen, aber die eine geht so: "Guten Tag, ich rufe aus dem Headquarter an und möchte Ihnen helfen." "Helfen", haha, ja, so kann man´s auch sagen. "Einmischen", "kontrollieren", "auf die Finger schauen (oder klopfen)" trifft es besser. Die meisten Geschäftsführer und Firmenlenker können auf diese "Hilfe" deshalb gerne verzichten. Und so soll es auch bei Ihnen gewesen sein, lieber Herr Tuszik. Sie waren einfach genervt von den Einmischungen der Mutter, Sie hatten keinen Bock darauf.

Wie ja im Übrigen auch schon vor Ihnen Ihr früherer Vertriebsvorstand Frank Kottmann. Dieser hatte bereits Ende 2012 – ziemlich frustriert und genervt, wie zu hören ist – das Handtuch geworfen (seinen Job hat Rainer Louis übernommen). Interessant in diesem Zusammenhang: Kottmann war ebenfalls fünf Jahre als Vorstand bei Computacenter tätig, nämlich seit Januar 2008. Er verdient übrigens inzwischen als Vertriebsvorstand bei der CHG-Meridian-Gruppe seine Brötchen.

So, lieber Herr Tuszik, und jetzt frage ich Sie: Ist das Zufall oder vielleicht doch eine Bestätigung der eingangs zitierten amerikanischen Studie? Vielleicht ist es ja tatsächlich so, dass unseren Spitzenmanagern nach fünf Jahren die Puste ausgeht und man ihnen daher am besten nur Arbeitsverträge gibt, die auf diesen Zeitraum begrenzt sind. So wie es bei den Weltkonzernen ja durchaus auch praktiziert wird.

Aber vielleicht ist das ja auch alles Quatsch. Kein Quatsch, sondern eine Tatsache ist allerdings, dass die Ergebnisentwicklung von Computacenter Deutschland unter Ihrer Führung nicht gerade berauschend war. Im ersten Jahr Ihrer Amtsübernahme, also 2008, lag der Gewinn (Ebit) von Computacenter Deutschland ausweislich des Geschäftsberichts bei 18,2 Millionen Euro. Zwar konnten Sie den Profit im folgenden Jahr auf 23,6 Millionen Euro steigern, aber das war´s dann auch im Großen und Ganzen. Im Jahr 2010 ging es nur noch minimal auf 24,7 Millionen hinauf, doch schon im folgenden Jahr ging es bergab, wenn auch nur gering auf 24,3 Millionen. Und dann im vergangenen Jahr der Absturz.

Vergleicht man dazu die Entwicklung der britischen Mutter, kann man die Sorgen des Headquarters durchaus nachvollziehen. Denn die Computacenter plc konnte den Gewinn im Zeitraum 2008 bis 2012 um immerhin 69 Prozent steigern, trotz eines kleinen Rückgangs im letzten Jahr. Umsatzrendite: Immerhin gut vier Prozent.

Auch die direkten Wettbewerber entwickelten sich in dieser Zeit (2008 bis 2012) besser. Bechtle konnte den Umsatz um 50 Prozent und den Gewinn (Ebit) um 33 Prozent steigern. Cancom entwickelte sich sogar noch besser; der Umsatz stieg von 2008 bis 2012 um 62 Prozent, den Gewinn konnten die Münchener in diesem Zeitraum sogar fast vervierfachen.

Also wie man es auch betrachtet: Die Geschäftsentwicklung von Computacenter Deutschland ist in den vergangenen Jahren nicht überzeugend. Noch einmal: Da kann ich die Leute im Headquarter schon verstehen, die sich damit nicht zufrieden geben und nach den Gründen dieser "Underperformance" fahnden wollen. Aber natürlich kann ich auch Sie verstehen, lieber Herr Tuszik, wenn Sie auf diese "Hilfe" keine Lust haben. Wenn dann auch noch ein interessantes und lukratives Angebot auf dem Tisch liegt, greift man doch gerne zu. Natürlich immer mit dem Risiko, dass man vom Regen in die Traufe kommt. Jedoch: "No risk – no fun."

In diesem Sinne: Alles Gute, lieber Herr Tuszik, und beste Grüße!

Damian Sicking

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