DCN-Studie: Kaum jemand hält Filesharing noch für legal

Legal oder nicht ist im Internet nicht immer leicht zu unterscheiden. Und obwohl das Unrechtsbewusstsein weiter steigt, halten die Rechteinhaber an ihren alten Forderungen nach härteren Sanktionsmöglichkeiten gegen Urheberrechtsverletzer fest.

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Bei Urheberrechtsverletzungen im Internet nimmt das Unrechtsbewusstsein in der Bevölkerung weiter zu. Das geht aus der Studie zur digitalen Content-Nutzung 2013 (DCN-Studie) hervor, die Buchhandel, Musikindustrie und Filmbranche am heutigen Montag gemeinsam in Berlin vorgestellt haben. Demnach halten nur noch 4 Prozent der rund 10.000 Befragten den Download von urheberrechtlich geschützten und dafür nicht lizenzierten Medien aus P2P-Netzen für rechtlich erlaubt. Vor zwei Jahren waren das immerhin noch 15 Prozent. Auch das Knacken von Kopierschutzsystemen oder die Weitergabe von kopierten E-Books hält nur noch eine kleiner Minderheit von 4 bzw. 5 Prozent für legal.

Kaum noch Zweifel besteht laut der Studie (PDF-Datei) in der Bevölkerung darüber, dass die aktive Verbreitung von rechtlich geschützten Medien über P2P-Netze, Sharehoster, Newsgroups, Foren oder Blogs nicht in Ordnung ist – nur 2 bis 4 Prozent halten das für legal. Deutlich mehr Unsicherheit herrscht in der Frage, was die Verbreitung in sozialen Netzwerken angeht: Fast zehn Prozent halten das für erlaubt. Das "Sharing" von Bildern und Videos ist bei Facebook und Konsorten eine zentrale Funktion. Hier herrscht noch Rechtsunsicherheit, was das Einbinden von Videos aus legitimen Quellen wie Youtube angeht. In dieser Sache wird Mitte Mai ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes erwartet.

Langsam steigt laut Studie auch die Zufriedenheit der Nutzer mit den legalen Angeboten im Netz. Bei der Musik halten inzwischen 80 Prozent der Befragten das legale Angebot für ausreichend, für Film- und TV-Angebote sind es 76 Prozent, das legale E-Book-Angebot halten 71 Prozent für ausreichend. Dass jeweils nur etwa die Hälfte die Befragten das für den eigenen Bedarf perfekte Angebot schon gefunden hat zeigt, dass bei der legalen Vermarktung von Inhalten im Netz noch deutlich Luft nach oben ist.

Drei Viertel der Kunden legaler Angebote bezeichnen es als Vorteil, sich rechtlich auf der sicheren Seite zu wissen. Noch knapp 70 Prozent sind der Ansicht, dass sie mit dem legalen Konsum die Urheber unterstützen. Zwei Drittel der Befragten finden es unfair, ein Angebot zu nutzen, das die Urheber nicht an den Einnahmen beteiligt.

Dabei fällt es deutlich weniger als der Hälfte der Befragten nach eigenen Angaben leicht, illegale von legalen Angeboten zu unterscheiden; in der Gruppe der 10- bis 19-Jährigen sind das nur ein Drittel. "Das abstrakte Wissen über ‚legal oder illegal?‘ ist sehr ausgeprägt, in der konkreten Nutzungssituation im Internet werden viele dann aber verunsichert", erklärt GVU-Chef Matthias Leonardy. "Das liegt oft daran, dass illegale Anbieter sich professionalisiert haben." Hier geht der Appell der Branchenvertreter an die Bildungspolitik, der Medienkompetenz in der Schule mehr Gewicht zu verleihen.

Für die gemeinsam vom Bundesverband Musikindustrie (BVMI), der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) und dem Börsenverein des deutschen Buchhandels in Auftrag gegebene Studie hat die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Februar 2013 insgesamt 10.000 Personen über zehn Jahren schriftlich befragt. Die DCN-Studie ist die Fortführung der sogenannten Brenner-Studie, mit der die Branche seit 2002 das illegale Kopier- und Sharing-Verhalten gemessen hat.

In der DCN-Studie 2013 liegt der Fokus aber nicht mehr auf den illegal im Netz verbreiteten Medien. Mit der dritten Auflage der Studie wollen die Auftraggeber etwas über Einstellungen und Kenntnisse der Bevölkerung zum Thema Urheberrecht erfahren. Immerhin die Hälfte der Befragten zeigt reges Interesse an dem Thema. Dass aber 70 Prozent die Standpunkte der politischen Parteien zu urheberrechtlichen Fragen nicht kennen, werten die Branchenvertreter als Versäumnis der Politik. "Die Politik sollte dafür sorgen, dass der Ehrliche nicht länger der Dumme ist und endlich wirksame Instrumente der Rechtsdurchsetzung auf den Weg bringen“, fordert der Chef des Börsenvereis Alexander Skipis.

Auch wenn sie nicht mehr im Vordergrund stehen: Von den alten Forderungen rücken die Rechteinhaber nicht ab. Für den Börsenverein liegt das abgestufte Warnhinweismodell als bisher einzig praktikabler Vorschlag noch auf dem Tisch. Auch die Musikbranche will am Prinzip Aufklärung und Abschreckung festhalten. Die Branchenvertreter sehen sich darin auch durch die Studie bestätigt: Gut die Hälfte der Befragten halten Warnhinweise für effektiv und Sanktionen wie Bußgelder oder Bandbreitendrosselung gegen Downloader für angemessen. Bei der Verbreitung von Inhalten finden knapp 90 Prozent ein Bußgeld in Ordnung.

Auch das derzeit im Bundestag heftig debattierte geplante "Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken", mit dem Massen-Abmahnungen der Zahn gezogen werden soll, hat beim BVMI keine Freunde. "Wir unterstützen die Abmahndeckelung nicht", sagt Verbandschef Florian Drücke, ist aber dafür, "die schwarzen von den weißen Schafen zu trennen". Ohne eine Abmahnung, die auch ein bisschen weh tut, bricht der Branche eine Säule ihrer Strategie der "Aufklärung und Abschreckung" weg. Zudem moniert Drücke, dass das Justizministerium die betroffenen Branchen bei der Abmahnung nicht mit den Tisch geholt hat. "Wir werden hier vor vollendete Tatsachen gestellt." (vbr)