Warten auf den Durchbruch bei sozialer Suche

Auf dem Feld der sozialen Internetsuche gibt es zwar derzeit viele Entwicklungsprojekte, aber der kommerzielle Durchbruch wird noch auf sich warten lassen, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe.

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Auf dem Feld der sozialen Internetsuche gibt es zwar derzeit viele Entwicklungsprojekte, aber der kommerzielle Durchbruch wird noch auf sich warten lassen, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 02/08 (seit dem 24. 1. am Kiosk oder portokostenfrei online zu bestellen). Denn die weite Verbreitung sozialer Netzwerke wie MySpace und Facebook hat zwar das Feld für eine neue Generation von Suchmaschinen bereitet, doch gerade die in diesem Zusammenhang aufgekommenen Datenschutzbedenken sorgen bei den Entwicklern für neue Probleme.

Suchdienste, die für treffende Ergebnisse die Surf-Historie von Freunden oder Gleichgesinnten auswerten, haben eigentlich einen großen Vorteil: Die Filterhilfe fällt schlicht als Nebenprodukt ganz normaler Internetnutzung an. Dafür aber tritt ein neues Problem auf, nämlich das des Datenschutzes: Einen Vorgeschmack auf Ärger mit den Nutzern in Sachen Privatsphäre hat vor wenigen Wochen bereits Facebook bekommen, nachdem es ein Abkommen mit verschiedenen Internet-Händlern geschlossen hatte: Immer wenn ein Mitglied etwas bei einem der Online-Shops kaufte, wurde Facebook davon in Kenntnis gesetzt. Als Service für seine Mitglieder versandte Facebook dann Nachrichten wie "Hey! Dein Bekannter Michael hat sich gerade das Computerspiel Lego Star Wars gekauft." Ein interessantes Feature, aber die Nutzergemeinde war empört: Vielen hatte Facebook just die Weihnachtseinkäufe an Freunde und Verwandte ausgeplaudert. Mittlerweile formiert sich bereits eine Bewegung für eine "Bill of Rights for Users of the Social Web". Die persönlichen Daten, die man abgegeben hat, die Liste von Nutzern, mit denen man Verbindungen unterhält, sowie Informationen über die eigenen Aktivitäten innerhalb des Netzwerkes – dies alles soll nicht einfach in den Händen von Internet-Unternehmen bleiben.

Technisch ließe sich das durchaus realisieren. So experimentiert Microsoft derzeit mit einem System namens "Nocturnal". Dabei sollen sämtliche persönlichen Daten, inklusive Tags und Bewertungen, statt auf zentralen Servern auf dem eigenen Computer gespeichert werden – ähnlich wie die Dateien bei Internet-Tauschbörsen. Auch Gerhard Weikum, Direktor am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken, arbeitet schon seit Jahren an einer P2P-Suchmaschine. "Minerva" soll, im besten Fall, einmal genauso gut sein wie Google – ganz ohne dass ein Unternehmen dabei im Spiel ist. Seine "Robin-Hood-Schiene" werde auf internationalen Konferenzen zwar manchmal belächelt, sagt Weikum – "aber meistens erkennen die Kollegen schnell, dass vieles, was im P2P-Kontext entwickelt wird, auch in der Industrie gut eingesetzt werden kann". Trotz der Fortschritte glaubt allerdings fast niemand, dass sich P2P-Systeme bei der Suche dauerhaft durchsetzen werden – schon allein deshalb, weil deren Gebrauch immer ein kleines bisschen mehr Aufwand erfordert als die Suche über Google & Co. So muss das Programm erst auf dem eigenen Computer installiert und eingerichtet werden. Und jeder nicht automatisierte Vorgang, das hat sich in Experimenten mit verschiedenen Systemen immer wieder bestätigt, stellt eine Hürde dar.

Mit der ersten echten sozialen Suchmaschine eines etablierten Anbieters aber könnte Ask.com von sich reden machen. Das Unternehmen, in den USA die viertpopulärste Suchmaschine, arbeitet an einem neuen Algorithmus mit dem Namen "Edison" – "weil wir von unseren Büroräumen in New Jersey immer auf das Edison-Werk mit der großen Glühbirne schauen", erklärt Apostolos Gerasoulis, der die Suchtechnologie bei Ask.com maßgeblich mit entwickelt. "Edison" soll, ohne das individuelle Nutzerverhalten zu protokollieren, jede einzelne Suchanfrage identifizieren und sie verschiedenen Gruppen von thematisch einschlägigen Webseiten zuordnen. Dies geschieht durch eine Websuche im doppelten Sinne: "Das eine Web ist das mit den Hyperlinks, die auch eine gewöhnliche Suchmaschine berücksichtigt. Das andere Web sind die vielen Millionen Nutzer, die ihr eigenes Netz schaffen, indem sie das erste Web nutzen", erklärt Gerasoulis. In diesem Sinne soll Edison bei der Beantwortung von Suchanfragen mit einfließen lassen, wie in der Vergangenheit Nutzer mit der gleichen oder ähnlichen Frage die Ergebnisse der Suche durch ihr Klickverhalten bewertet haben. So wird die normale Internetsuche um eine soziale Komponente ergänzt. "Edison" soll schon bald in die Ask-Suchmaschine integriert werden. Angekündigt war die neue Technik allerdings bereits für 2007, einen neuen Starttermin nennt Gerasoulis derzeit nicht. (wst)