Die Telekom und die Flatrate-Kappung: "Wir stehen für ein offenes und freies Internet"

Jan Krancke, beim Rosa Riesen für Regulierungsfragen zuständig, hat auf der re:publica die neue Tarifstruktur verteidigt. Das offene Netz werde "in keinster Weise beeinträchtigt". Konkurrenten und die Bundesnetzagentur sehen das kritisch.

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Jan Krancke, bei der Deutschen Telekom für Regulierungsfragen zuständig, hat auf der re:publica die neue Tarifstruktur des Anbieters mit begrenzten Datenvolumen verteidigt. "Wir stehen für ein offenes und freies Internet", betonte der Manager am Dienstag auf der Internetkonferenz in Berlin. Es werde immer ein gut ausgebautes klassisches Netz geben, das auch "dynamisch weiterentwickelt werden solle". Jegliche Innovationen auf allen Stufen der Wertschöpfungskette müssten in diese Infrastruktur nach wie vor problemlos eingefügt werden können.

Krancke bekannte sich damit prinzipiell zum "Best Effort"-Prinzip. Dieser Ansatz besagt, dass Datenpakete im Internet der Reihe nach ohne Vorzugsbehandlung verarbeitet und bestmöglich weitergeleitet werden. Dieser Ansatz werde durch die Tarifreform "in keinster Weise beeinträchtigt", meinte der Vertreter des Bonner Konzerns. Alle Dienste blieben weiter erreichbar. Es sei aber eine "Frage der Gerechtigkeit", die "zwei bis drei Prozent der Nutzer", die derzeit die teils für 2016 vorgesehenen Volumengrenzen erreichten, stärker zur Kasse zu bitten als das Gros der weniger Daten verbrauchenden Kunden.

Gleichzeitig erklärte Krancke, dass ein Netzbetreiber einiges optimieren könne, sodass "manche Dinge schneller funktionieren". So könnten etwa spezielle Inhalteserver näher an die Verbraucher gebracht und ins eigene Netz integriert oder "Qualitätsklassen" implementiert werden. Großkunden biete die Telekom für entsprechende Zusicherungen bereits spezielle Verträge an, weil dafür "ein Markt da ist". Generell werde die Telekom nicht vom "Pay for Use"-Prinzip für Inhalteanbieter abweichen: "Für Daten, die transportiert werden, muss beim Netzbetreibern ein Entgelt bezahlt werden." Andernfalls sei ein Ausbau von Hochgeschwindigkeitsleitungen gerade in der Fläche nicht zu stemmen.

Der Schweizer Rechtsanwalt Simon Schlauri warf angesichts der Ausführungen Kranckes die Frage auf, ob so mittelfristig nicht doch die vielbeschworenen "managed services" der Telekom mit besserer Qualitätsklasse der Standard werden sollten. Der Netzbetreiber werde sicher "Tricks" finden, um "die Leute rüberzuziehen". Vom Tarifumbau sei das Prinzip des offenen Internets zudem doch betroffen, da es dabei auch um den Marktzugang kleiner Unternehmen wie den TV-Streaming-Anbieter Zattoo gehe, die große Datenmengen erreichten.

Als "Problem für die Informationsgesellschaft" verurteilte Klaus Landefeld vom Verband der deutschen Internetwirtschaft eco das Vorhaben des Platzhirschen. Der Anwender müsse sich damit vorher überlegen, was ein einfacher Link an Downloadvolumen produzieren könnte. Dies beeinflusse das Surfverhalten und stelle einen Rückfall in die Frühzeit des Netzes dar. Der Providervertreter plädierte daher dafür, die Netzneutralität stärker zu verankern. Sonst würden immer mehr Angebote aus dem eigentlichen Internetkanal herausgenommen und gegen Aufpreis über spezielle Infrastrukturen angepriesen. An die Kunden appellierte er, unter diesen Aspekten Zugangsanbieter ganz bewusst auszuwählen.

"Best Effort muss in einer Qualität existieren, die eine breite Nutzung ermöglicht", machte Cara Schwarz-Schilling, Leiterin des Referats Grundsatzfragen der Internetökonomie in der Bundesnetzagentur, deutlich. Der Endkundenmarkt sei aber unreguliert, die Telekom werde hier nicht einmal als marktbeherrschend eingestuft, führte die Regulierungsexpertin aus. Volumentarife seien an sich zudem "nichts wahnsinnig Neues". Die Behörde werde trotzdem genau prüfen, "inwieweit Netzneutralitätsaspekte hineinkommen" und die Bundesregierung von ihrer neuen Kompetenz zum Erlass einer einschlägigen Verordnung Gebrauch machen sollte. Der Endkunde brauche auf jeden Fall aber mehr Transparenz, was seinen Datenverbrauch angehe. Zudem müsse die Telekom Fakten vorlegen, wie viele Nutzer von den Datendeckeln tatsächlich betroffen wären.

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(jk)