Computational Photography wird Mainstream

Unscharfe Bilder nachträglich scharf rechnen, echt wirkende 3D-Modelle aus zweidimensionalen Fotos zaubern – mit neuen Tricks wird derzeit der Digitalfotografiemarkt aufgemischt.

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Die Zukunft der Fotografie ist ein kleiner Quader, elf Zentimeter lang, vier Zentimeter hoch und breit sowie rund 300 Euro teuer. Das unscheinbare Kästchen beherrscht eine Kunst, für die noch bis vor wenigen Jahren ein Raum voller Kameras und ein Supercomputer nötig war: Es kann Fotos machen, die sich nachträglich mit Bildbearbeitungssoftware fokussieren lassen

Die Lichtfeldkamera von Lytro ist nur ein Vertreter eines neuen Trends, berichtet Technology Review in einem Online-Report: Computational Photography – bislang allenfalls eine Spielwiese für mathematisch talentierte, fotointeressierte Wissenschaftler – hat den Elfenbeinturm der Forschung verlassen. "Das Thema ist in die Industrie übergeschwappt", sagt Alexander Oberdörster vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF. Unternehmen setzen die Ideen der Forscher nun in Produkte um. Computational Photography entstand aus der Konvergenz von Computergrafik, Computervision und Fotografie.

Mit immer ausgefeilteren Algorithmen wollen Entwickler die Beschränkungen der bisherigen Fotografie überwinden: Die Software soll helfen, unscharfe oder verwackelte Bilder scharf zu rechnen, den Blickwinkel von Fotos nachträglich zu verändern, nicht existierende Bilddaten zu ergänzen, um so gering aufgelöste Aufnahmen in detailreiche Nachempfindungen der Realität zu verwandeln, und schließlich aus zweidimensionalen Fotos 3D-Simulationen zu erstellen, durch die man virtuell reisen kann.

Einige der aufwendigen Rechenprozesse sind heute schon fast Standard. YouTube fragt Videografen etwa, ob ihr Video beim Hochladen automatisch digital bildstabilisiert werden soll. Immer häufiger werden die Bearbeitungsprogramme zudem gleich in die Kamera integriert. Eine der beliebtesten Funktionen, die inzwischen fast jedes Smartphone beherrscht, stammt ebenfalls aus den Anfängen der Computational Photography: die Aufnahme von HDR-Fotos. (bsc)