Open-Source-Aktivist kritisiert Googles WebM-Lizenz

Der Chef der Open Source Initiative hat die von Google vorgeschlagene Lizenz für seinen Video-Codec VP8 kritisiert: Sie widerspreche den in der Open-Source-Gemeinde üblichen Gepflogenheiten.

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Von
  • Christian Kirsch

Nachdem Google ein Patentabkommen mit dem MPEG-LA-Konsortium geschlossen hatte, stellte der Internetkonzern kürzlich den Vorschlag einer Lizenzvereinbarung zur kostenfreien Nutzung seines freien Video-Codecs WebM/VP8 vor. Diesen hat der Leiter der Open Source Initiative (OSI), Simon Phipps, nun in einem Blog-Beitrag kritisiert. Er wirft Google vor, es schließe damit "das Tor zur Software-Freiheit".

Der Vorschlag für das WebM/VP8-Lizenzabkommen sieht in Abschnitt 2 jeweils individuell abzuschließende Verträge vor. Phipps befürchtet dadurch Schwierigkeiten für Open-Source-Projekte, bei denen es keine gesetzlichen Vertreter gibt, die einen solchen Vertrag schließen könnten. Eine so erworbene Lizenz ist nicht übertragbar und darf nur für die im Abkommen genannten Zwecke genutzt werden. Das sind ausschließlich das Ver- und Entschlüsseln, Umwandeln und Wiedergeben von VP8-Videos. Phipps befürchtet, dass diese Einschränkung die Innovationsfreudigkeit in Open-Source-Projekten bremsen könnte, da sie etwa Erweiterungen des Formats ausschließe.

Dem jetzigen Entwurf zufolge muss jeder VP8-Lizenznehmer im Gegenzug Google und seinen Partnern sowie deren "direkten und indirekten Verkäufern, Lieferanten, Lizenznehmern, Vertragspartnern, Wiederverkäufern, Distributoren, Kunden [...] und Endnutzern" ein kostenfreies Nutzungsrecht für diejenigen seiner Produkte einräumen, die den Codec verwenden. Das betrifft auch mögliche Patente auf solche Produkte. Zwar sende Google mit seinem Lizenzvorschlag die richtigen Signale, "für die Open-Source-Community scheint er jedoch nicht nutzbar zu sein", meint Phipps abschließend.

Google versucht seinen Video-Codec als Standard für HTML 5 zu etablieren. Ursprünglich hatte es behauptet, das Verfahren sei patentfrei und deshalb besser geeignet als proprietäre Verfahren wie H.264. Die MPEG LA hatte daraufhin öffentlich nach Patenten gesucht, die VP8 verletzten könnte. Dadurch sah sich Google letztlich gezwungen, ein Abkommen mit dem Konsortium zu schließen. Nokia hat jedoch bereits eine Liste von 64 Patenten veröffentlicht, mit denen VP8 seiner Auffassung nach kollidiert. Es werde dafür keine Lizenzen zu relativ günstigen FRAND-Bedingungen (fair, reasonable and non-discriminatory) erteilen. VP8 "hat keinerlei Vorteile gegenüber vorhandenen, breit verwendeten Standards wie H.264 und verletzt Nokias geistiges Eigentum", begründet der Smartphone-Hersteller seinen Widerstand. (ck)