Müllschlucker für die Weltmeere

Ein Jungforscher will mit riesigen Trichtern jene gigantischen Abfallstrudel bekämpfen, die in den Ozeanen zirkulieren.

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Ein Jungforscher will mit riesigen Trichtern jene gigantischen Abfallstrudel bekämpfen, die in den Ozeanen zirkulieren.

Der in den Ozeanen der Erde schwimmende Abfall aus sich nur langsam zersetzenden Kunststoffen, die nicht biologisch abbaubar sind, ist ein gigantisches ökologisches Problem. Laut einer Berechnung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen von 2005 kommen im Schnitt auf jeden Quadratkilometer Weltmeer mittlerweile 13.000 Plastikteilchen. Bis zu einem Drittel des gesamten Meeresgebietes ist betroffen. Große Teile des Unrats sinken zwar auf den Meeresgrund, doch der Rest sammelt sich in sogenannten Gyres, gigantischen Müllstrudeln, die den Meeresdriftströmen des Planeten folgen. So existiert etwa im Pazifik der "Great Pacific Garbage Patch" mit unterschiedlich großen Ausdehnungen.

Vögel und Fische verfangen sich in den größeren Stücken dieses vor allem von Schiffen verklappten schwimmenden Kunststoffmülls und gehen jämmerlich zugrunde, während zu Pulver zerriebener Plastikschrott direkt in die Nahrungskette gelangen kann, weil Tiere ihn für Plankton halten. Letztlich landen die kleinsten Teilchen dann mit Fischen und Meeresfrüchten potenziell auch auf dem menschlichen Esstisch. Darin enthalten oder anhaftend sind teilweise auch krebserregende Stoffe wie DDT oder PCB sowie das endokrinologisch problematische Bisphenol A.

Ein Ocean Cleanup Array fungiert als riesiger Trichter, der den Müll auffängt.

(Bild: Erwin Zwart / Fabrique Computer Graphics)

Bislang ist es aufgrund der riesigen Ausmaße dieses Umweltproblems nicht gelungen, den Plastikmüll in den Ozeanen einzudämmen – zudem kommt weiterhin viel Abfall hinzu, kümmert sich auf den Weltmeeren doch keine Patrouille darum, wer was ins Meer befördert. Ein erst 19jährige Jungforscher, Boyan Slat aus den Niederlanden, hat nun einen neuartigen Vorschlag gemacht, wie sich innerhalb von fünf Jahren bis zu 7,25 Millionen Tonnen der in riesigen Müllstrudeln zirkulierenden Kunststoffteile aus den Weltmeeren holen ließen.

Statt die schwimmenden Abfallberge mit Booten abzufahren und dabei so viel Müll wie möglich einzusammeln, sollen mehrere der sogenannten Ocean Cleanup Arrays (OCAs) am Meeresgrund befestigt werden und über gigantische Ausleger eine Art Trichtersystem bilden. In diese Trichter treibt der Kunststoff dann mit der Zeit ganz von selbst. "Das Plastik ist nicht statisch, es bewegt sich", erläutert Slat. "Warum sollte man sich also durch die Ozeane bewegen? Stattdessen lassen wir den Ozean zu uns kommen."

An Bord eines OCA wird das Material ausgefiltert und gesammelt.

(Bild: Erwin Zwart / Fabrique Computer Graphics)

In der Mitte eines der OCAs sitzt eine große Auffanganlage mit einem Filtrierungssystem. Slat schätzt, dass durch ein Recycling des Mülls solche Anlagen sogar profitabel arbeiten könnten. Er will ein ganzes Netzwerk aus OCAs aufbauen, um eine möglichst große Fläche abzudecken. Potenziell denkbar wäre es, diese in jedem der fünf weltweit existierenden Gyres zu platzieren. "Das Konzept ist so effizient, dass wir mehr Geld verdienen würden, als wir ausgeben müssen", ist Slat überzeugt.

Aktuell läuft eine Machbarkeitsstudie, ob die Idee wirklich realistisch ist. Daran sind 50 Ingenieure, Modellbauer und externe Experten beteiligt. Noch steht das Team allerdings am Anfang und will seine Erkenntnisse erst in den nächsten Monaten publizieren. "Die ersten vorläufigen Ergebnisse sehen vielversprechend aus." Dazu sucht Slat noch Mitstreiter aus den Bereichen Strömungslehre, Meeresingenieurwesen und physikalische Ozeanographie. Er erhofft sich zudem Hilfe von anderen Studenten der TU Delft.

Die Ausleger fangen den Müll quasi automatisch ein.

(Bild: Erwin Zwart / Fabrique Computer Graphics)

Sollte sich herausstellen, dass die Idee tatsächlich aufgehen kann, will Jungforscher Slat eine Stiftung etablieren, die dann die eigentlich Umsetzung übernimmt – zusammen mit Partnerorganisationen und der Industrie.

Slat hatte seinen Vorschlag eines sich selbstreinigenden Ozeans mit großem Erfolg auf der TEDx-Konferenz in Delft vorgestellt. Das Konzept hinter den Ocean Cleanup Arrays gewann 2012 außerdem den "Best Techical Design"-Preis der Technischen Universität in der südholländischen Metropole. (bsc)