Big Data – Big Business auch für den Channel?

Lieber Heribert Fritz, Geschäftsführer des Systemhauses Fritz & Macziol in Ulm,

gerade lese ich zwei sehr interessante Bücher. Das eine heißt "Das Ende des Zufalls. Wie Big Data uns und unser Leben vorhersagbar macht", und das andere trägt den Titel "Data unser. Wie Kundendaten die Welt revolutionieren". In beiden Büchern geht es – Überraschung! – um das neue "In-Thema" der IT-Branche: BIG DATA! Aber was heißt der IT-Branche? Wenn schon das Massenmedium Der Spiegel Big Data zum Titelthema macht (so geschehen in der Ausgabe 20/2013 vom 13. Mai), dann lässt sich erahnen, von welch gesellschaftlicher Relevanz und Brisanz das Thema ist. Big Data geht uns alle an.

Zur Verdeutlichung zwei Zitate aus meinen neuen Büchern. "Big Data" schreiben die Autoren von Data unser, "wird Gesellschaft, Politik und Wirtschaft so grundlegend verändern wie der elektrische Strom und das Internet." Und der Verfasser des Buches Das Ende des Zufalls meint: "Daten sind das neue Gold…Wem es gelingt, aus der Datenflut relevante Informationen zu generieren, schafft damit genauso Unternehmenswert wie mit Grund, Gebäuden oder Geräten." (Seite 10)

Wir stehen noch am Anfang, aber eins ist völlig klar: Big Data ist – neben anderem – auch ein riesiges Geschäft. Big Business. An dieser Stelle interessiert mich allerdings nicht so sehr die Frage, wie Unternehmen als Anwender Kapital aus der Nutzung von Big-Data-Analysen schlagen können, sondern eher die, wer auf der Anbieter-Seite das Geschäft macht. Die Hersteller natürlich, soviel ist klar, an erster Stelle IBM. Big Blue ist ja sozusagen der Erfinder von Big Data. Aber auch andere Hersteller mischen hier mit, SAP, Oracle, Teradata, um nur einige zu nennen. Aber wie sieht´s mit den Systemhäusern und IT-Dienstleistern aus? Ist Big Data auch für sie eine interessante Option, Mehrgeschäft zu generieren? Oder ist Big Data nur etwas für die ganz Großen? Die ganz großen Kunden und die ganz großen IT-Anbieter?

Das auf Channel-Themen spezialisierte Beratungshaus Compris in Ludwigsburg hat dazu vor kurzem mehr als 600 Systemhäuser und Reseller befragt. Das wichtigste Ergebnis haben die Marktforscher in der Überschrift zusammengefasst: "Big Data – Verständnis im Channel für das Thema noch unzureichend." Fast jeder zweite der Untersuchungsteilnehmer kann mit dem Begriff "Big Data" nichts anfangen. Wer schon einmal davon gehört oder gelesen hat, hat nur eine vage Vorstellung davon. Kein Wunder, dass die Zahl der Unternehmen, die ihren Kunden Lösungen anbieten, die irgendwie mit Big Data zu tun haben, gering ausfällt: Lediglich 22 Prozent der Umfrageteilnehmer gab an, in diesem Bereich geschäftlich aktiv zu sein. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Dienstleistungen wie Beratungen zum Thema Big Data, um die Erstellung von Datenkonzepten sowie den Verkauf von Datenanalysesoftware.

Für drei Viertel der von Compris befragten Systemhäuser spielt das Thema Big Data in ihrem Business also derzeit keine Rolle. Ganz schön viel, wenn Sie mich fragen. Gut, abgefragt wurde nur der Status quo. Das kann morgen schon ganz anders aussehen. Und was heißt schon "Systemhaus"? Man spricht zwar generell von Systemhäusern oder der Systemhauslandschaft oder der Systemhausszene, gerade so als wenn wir es hier mit einem homogenen Gebilde zu tun hätten. Aber die Systemhauslandschaft ist ja nicht homogen. Sondern im Gegenteil sogar sehr heterogen. Das beginnt schon bei der Größe. Man sagt zwar "Systemhaus", aber da gibt es das ganz kleine, sozusagen das System-Einmannzelt, dann die System-Laube, die System-Doppelhaushäfte, den System-Bungalow, das System-Reihenhaus, das System-Mehrfamilienhaus bis hin zum System-Hochhaus. Es sollen sogar schon das eine oder andere System-Wohnmobil und mehrere System-Wohnwagen gesichtet worden sein. Die haben vermutlich ein gelbes Nummernschild und kommen aus Holland. Ja, die Welt ist bunt, auch die Welt der Systemhäuser.

Was wollte ich sagen? Wir stehen noch am Anfang. Wie man an den Compris-Untersuchungsergebnissen ablesen kann, ist Big Data für Systemhäuser (noch) nicht das große Ding. Vielleicht ist Big Data für Systemhäuser irgendwann einmal ein großes Geschäft, vielleicht aber auch nicht. Und wenn ja, für welche Art von Systemhaus? Es sind noch viele Fragen offen, zum Beispiel diese:

• Mit welchen Produkten und Dienstleistungen kann ich als Systemhaus konkret mit dem Thema Big Data Geld verdienen?
• Welche Voraussetzungen muss ich dabei erfüllen?
• Wer hilft mir dabei? (Frage geht an die Hersteller)
• Kann die Distribution eine Rolle spielen, und wenn ja, welche?

Lieber Herr Fritz, es ist gar nicht so einfach, ein "Big-Data-Systemhaus" zu identifizieren. Nicht alle, die entsprechende Lösungen anbieten, haben den Begriff schon für sich entdeckt, sondern sprechen statt dessen zum Beispiel von Business Analytics. Fritz & Macziol ist eines der wenigen Systemhäuser, welche bereits expressis verbis mit dem Ausdruck "Big Data" an die Öffentlichkeit gehen. So veranstalten Sie zum Beispiel in diesen Monaten für Ihre Kunden und Interessenten ein "Business Analytics & Big Data Dinner" mit einem Fachvortrag zum Thema. Aber klar: Wenn Fritz & Macziol als einer der größten IBM-Partner mit dem Thema Big Data nichts anfangen könnte, wer dann?

Aber die Frage bleibt: Ist Big Data ein Thema, um das kein IT-Systemhaus herumkommt, oder ist Big Data doch eher nur ein Fall für Spezialisten? Meine klare Antwort: Ich weiß es nicht. Nur in Bezug auf eine Sache bin ich mir ziemlich sicher: Wir wissen noch viel zu wenig über die geschäftlichen Möglichkeiten von Big Data und daher wird uns das Thema noch eine ganze Weile beschäftigen.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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