Bundesverkehrsminister warnt vor Skepsis gegenüber Elektromobilität

Peter Ramsauer hat auf der ersten Internationalen Konferenz für E-Mobilität für einen Schulterschluss geworben, um Basisinnovationen zu beflügeln.

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Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hat auf der ersten Internationalen Konferenz für Elektromobilität für einen Schulterschluss aller Akteure geworben, um Basisinnovationen zu beflügeln. "Wir dürfen nicht mit Skepsis, sondern müssen mit Begeisterung an diese alternativen Produkte herangehen", konstatierte der CSU-Politiker am Montag in Berlin – ausgerechnet an dem Tag, an dem die Pleite des E-Car-Startups "Better Place" bekannt wurde. Er setze auf die 14 bis 16 neuen serienreifen Modelle für Elektroautos, die bis 2014 auf den Markt kommen sollten, meinte Ramsauer:. "Wenn das Angebot erst einmal in dieser Breite vorhanden ist, wird sich die Nachfrage einstellen" – vorausgesetzt, dass die Fahrzeuge bezahlbar seien.

Peter Ramsauer (r.), Siim Kallas

(Bild: Stefan Krempl)

Ramsauer kündigte zudem mehrere Anreize für die Elektromobilität an. Dazu gehöre, die Akkumehrkosten bei Betriebsausgaben anzurechnen, Busspuren freizugeben oder Anfahrtsverbote etwa in Wohngebieten für die "quasi geräusch- und emissionslosen" Autos aufzuheben. Innovationskraft lasse sich letztlich aber nicht einfach verordnen, die Akteure müssten entschlossen und zielstrebig sein.

Die Bundesregierung will bis 2020 eine Million E-Autos auf die deutschen Straßen bringen. Der derzeitige Verbreitungsgrad ist aber eher ernüchternd. 2012 hat die Branche hierzulande 3438 Elektroautos und sogenannte Plug-in-Hybride verkauft, Modelle mit Verbrennungs- und Elektromotor samt Akku. In den ersten vier Monaten dieses Jahres sind bundesweit 1509 neu zugelassen worden. Damit haben "Stromer" einen Marktanteil von 0,11 Prozent, was unter den ebenfalls überschaubaren Zahlen in Japan, Frankreich oder den USA liegt. Experten sehen die Ursachen für die schleppende Entwicklung in einem wenig attraktiven Angebot an E-Autos und dem nach wie vor fehlenden flächendeckenden Netz an Ladestationen.

Henning Kagermann (l.), Dieter Zetsche

(Bild: Stefan Krempl)

Der Wettbewerb um die besten Produkte beschränke sich nicht mehr auf wenige Vorreiter, sondern werde global ausgetragen, erklärte Ramsauer. Wichtig dabei sei, den Kohlendioxidausstoß zu reduzieren und sich unabhängig vom Öl zu machen. Bei grundlegenden Innovationen sei es aber oft ein schwer kalkulierbarer Weg, wie diese in den Alltag einziehen können. Mit dem zweitägigen Kongress gehe es der Bundesregierung nicht darum, einen "neuen Hype zu befeuern". Vielmehr wolle sie dem Thema "in aller Sachlichkeit neue Impulse verleihen". Wichtig sei es dabei, einen "technologieoffenen Ansatz" zu verfolgen, in dem akkubetriebenen Fahrzeugen prinzipiell der gleiche Stellenwert eingeräumt werde wie Motoren mit Wasserstoff-Brennstoffzelle oder Hybrid-Formen.

"Wir müssen Elektromobilität im sprichwörtlichen Sinne erfahrbar machen", sagte Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG. Ein wirksames Mittel dazu sei das Carsharing. "Unsere elektronische Flotte 'Car to go' in Berlin erfreut sich großer Beliebtheit." Die Industrie "gibt Gas" und investiere insgesamt 17 Milliarden Euro in Forschung & Entwicklung, betonte Zetsche. Daimler selbst habe hier im vergangenen Jahr mehr als tausend Patente angemeldet. Die Akkus seien dabei "die Schlüsselkomponente"; die Wirtschaft müsse zusammen mit der Wissenschaft nicht nur deren Leistung weiter steigen, sondern auch die Kosten senken.

Anlässlich der Konferenz traten auch Demonstranten von Greenpeace auf.

(Bild: Stefan Krempl)

Derzeit hätten E-Autos im Wettbewerb mit traditionellen Antriebskonzepten noch schlechtere Karten, räumte Zetsche ein. Sie seien teurer, dazu kämen "mehr Restriktionen". Marktforschern zufolge könne sich zwar bereits ein Viertel der Deutschen vorstellen, solch ein Fahrzeug zu kaufen. Dazu zählten aber offenbar noch viele "Sonntagsredner". Der Daimler-Chef appellierte daher auch an die Politik, die Rahmenbedingungen richtig zu setzen. So habe sich durch "gute Förderpolitik" ergeben, dass Estland über mehr Ladestellen verfüge als die USA.

Der estnische EU-Verkehrskommissar Siim Kallas freute sich über die Lorbeeren und verwies auf die Initiative Brüssels, einen fragmentierten Markt zu verhindern und Vorgaben dafür zu machen, die Infrastruktur für die E-Mobilität weiter auszubauen. Auch das Problem unterschiedlicher Ladestecker wolle die Kommission endlich angehen. Der Sektor habe das Potenzial, in eine kohlendioxidfreie Zukunft zu führen und auch das Image des Öffentlichen Transports zu verbessern.

(Bild: Europaparlament)

Der Vorsitzende der vor drei Jahren ins Leben gerufenen Nationalen Plattform Elektromobilität, Henning Kagermann, versicherte: "Wir haben die Weichen früh gestellt." Derzeit seien über 29 grenzüberschreitende Projekte in Arbeit, etwa 100 "vorwettbewerbliche Konsortien" seien in sechs Leuchttürmen für Forschung und Entwicklung gebündelt. Dabei seien auch der Mittelstand, Startups und wissenschaftliche Einrichtungen eingebunden. Ziel sei ein "einschneidender Strukturwandel", bei dem länderübergreifend zusammengearbeitet werde. Es müsse sichergestellt werden, "dass wir in Europa grenzüberschreitend fahren können". Es sei daher unerlässlich, die letzten Differenzen "beim einheitlichen Stecker" zügig auszuräumen und eine einheitliche Förderpolitik zu betreiben. Für feste EU-Vorgaben für Ladestellen sei es aber noch "etwas zu früh". Dafür sollten erst die Erfahrungen der sechs nationalen "Schaufenster" bis Ende 2014 ausgewertet werden. (anw)