Familienministerium, Kinderschützer und Europol fordern mehr Web-Sperren

Die europäische Konferenz zum Schutz vor sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche hat eine gemeinsame Abschlusserklärung zum internationalen Kampf gegen Kinderpornographie verabschiedet.

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Die europäische "Konferenz zum Schutz vor sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche mit Fokus auf neue Medien" hat heute in Berlin eine gemeinsame Abschlusserklärung zum internationalen Kampf gegen Kinderpornographie verabschiedet. In der von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) initiierten Deklaration wird in 16 Punkten unter anderem die in Deutschland bereits gesetzlich verankerte Zugangserschwerung zu Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten als "flankierende Maßnahme" gegen Kinderpornographie bezeichnet. Sie sei "umso effektiver, je mehr Staaten" mitmachten.

Die Erklärung wurde unterzeichnet von Europol, dem Bundeskriminalamt, den Kinderschutzorganisationen Innocence in Danger, ECPAT, Save the Children und Unicef Deutschland. Darin heißt es, es werde eine rechtliche Grundlage zum Löschen bereits im Internet eingestellter Materialien sowie zur Schließung solcher Webseiten "in allen Staaten" benötigt. Bei der Bekämpfung sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche müssten alle Beteiligten einbezogen werden, auch der private Sektor und insbesondere soziale Netzwerke. Kinder und Jugendliche müssten hinsichtlich des Gewaltpotenzials "in und durch die neuen Medien" sensibilisiert werden. Darüber hinaus müsse die Forschung in diesem Bereich verbessert werden.

Nur rund 160 Staaten hätten überhaupt eine Gesetzgebung gegen die Vergewaltigung von Kindern, die von den Tätern aufgenommen und übers Netz "massenhaft verbreitet wird", monierte von der Leyen auf der Tagung; 95 Nationen hätten keine Gesetze gegen Kinderpornographie. International müssten sich alle vereinen, die gegen Kindesmissbrauch vorgehen, national müssten Schritte wie Web-Sperren hinzukommen. Die heftige Debatte hierzulande über dieses Vorgehen sei überfällig gewesen. Nadine Morano, Staatssekretärin beim französischen Familienministerium, erklärte, im Herbst werde in der französischen Nationalversammlung ein ähnliches Gesetz diskutiert. Geplant sei, dass Provider anhand einer Europol-Filterliste Angebote blockieren müssen. Der Austausch über das europäische Polizeiamt sei nötig, damit die französischen Sperrverzeichnisse auch von Deutschland genutzt werden könnten und umgekehrt.

Europol-Direktor Rob Wainwright bezeichnete Kinderpornographie als "globales Problem", das ein internationales Vorgehen erfordere. Dabei müsse das unterschiedliche Strafrecht der Länder berücksichtigt werden. Der Brite räumte ein, dass seine Behörde noch nicht wisse, ob Züge organisierter Kriminalität hinter den Angeboten kinderpornographischer Bilder stehen. Kathrin Wieland, Geschäftsführerin von Save the Children Deutschland, beklagte, dass auch Deutschland noch nicht dem Abkommen des Europarats gegen sexuellen Missbrauch von Kindern beigetreten sei. Damit gäbe es eine Handhabe gegen das sogenannte Grooming, also das Heranpirschen Erwachsener an Kinder und Jugendliche etwa über virtuelle Gemeinschaften.

Der Jugendschutzbeauftragte von StudiVZ, Philipp Gröschel, räumte gegenüber heise online mit Gerüchten auf, dass Anbieter sozialer Netzwerke die Konferenzerklärung unterzeichnet hätten oder dies planten. Das Dokument enthalte "zweifelhafte Punkte", sodass die Unternehmen bislang nicht im Boot seien. Zudem hätten deutsche Plattformen gerade erst zwei Selbstverpflichtungen zum besseren Jugendschutz abgegeben, die weite Teile der Deklaration abdecken würden.

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(Stefan Krempl) / (anw)