Verdi will Protest auf weitere Amazon-Standorte ausweiten

Am größten deutschen Standort in Bad Hersfeld und in Leipzig haben am Dienstag laut Verdi rund 1300 Mitarbeiter gestreikt. Die Gewerkschaft beansprucht für sich, Streikerfolge erzielt zu haben.

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  • dpa

Nach dem zweitägigen Streik beim Online-Versandhändler Amazon haben die Beschäftigten in Bad Hersfeld und in Leipzig am Mittwoch wieder den "normalen Arbeitsbetrieb" aufgenommen. Die Gewerkschaft werde nun den bisherigen Verlauf des Arbeitskampfs bewerten und über die weiteren Schritte beraten, sagte Mechthild Middeke von Verdi Hessen am Morgen der dpa. "Wir wollen weiter Druck aufbauen und sehen, wie wir noch mehr Mitarbeiter zum Streik bewegen." Nach dem Ausstand am Montag und Dienstag seien bei Verdi "noch keine Signale von Amazon angekommen", es gebe derzeit auch keine Gespräche. Amazon war am Morgen zunächst nicht zu erreichen.

Am größten deutschen Standort in Bad Hersfeld und in Leipzig beteiligten sich laut Verdi am letzten Tag des zweitägigen Streiks rund 1300 Mitarbeiter. 800 seien es am Dienstag in Hessen und 500 in Sachsen gewesen. Nach Angaben von Amazon waren es insgesamt weniger als 840 Beschäftigte, die an den Streiks teilnahmen. An beiden Standorten wurde nun insgesamt fünf Tage gestreikt.

Die Gewerkschaft beansprucht für sich, schon Streikerfolge erzielt zu haben. Es gebe Hinweise, dass Lieferfristen für Bestellungen verlängert worden sein. Gewerkschaftssekretär Thomas Schneider befand am Dienstag in Leipzig: "Wir verursachen mit dem Streik bereits Wirkungstreffer."

Ziel sei es, den Protest an weitere Standorte des US-Unternehmens in Deutschland zu tragen, sagte eine Verdi-Sprecherin am Dienstag. Zunächst müssten aber noch Strukturen aufgebaut werden, um eine hohe Streikbeteiligung zu erzielen.

Verdi-Chef Frank Bsirske sagte nach seiner Rede vor rund 700 Streikenden am Dienstag in Bad Hersfeld: "Es ist eine grundsätzliche Auseinandersetzung, die hier läuft. Amazon versucht den Konflikt auszusitzen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Taktik, toter Mann zu spielen, nicht zum Erfolg führen wird."

Bsirske kritisierte, die Amazon-Beschäftigten verdienten bis zu einem Drittel weniger im Vergleich zu Angestellten anderer Versandhändler, die nach Tarif zahlen. Es dürfe keine willkürliche und einseitige Festlegung der Löhne durch den Arbeitgeber geben.

Verdi verlangt einen Tarifvertrag nach den Konditionen des Einzel- und Versandhandels mit höheren Löhnen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Nachtzuschlägen bereits ab 20.00 Uhr. Amazon argumentiert: "Amazons Versandzentren sind Logistikunternehmen, die Kundenbestellungen ausführen. Es handelt sich hierbei um typische Aufgaben aus dem Logistikbereich, wie Lagerung, Verpackung und Versand von Artikeln."

Bsirske sagte: "Amazon als weltgrößter Online-Händler versucht, die Öffentlichkeit für dumm zu verkaufen. Das Unternehmen tut so, als hätte es mit dem Versandhandel nichts zu tun. Das ist sehr dreist. Aber damit wird Amazon nicht durchkommen."

Amazon hat in Deutschland acht Lager und 9000 Mitarbeiter. In Bad Hersfeld arbeiten mehr als 3300 Menschen, in Leipzig sind es etwa 2000. (anw)