WLAN versus UMTS
Für das Mobilfunkunternehmen Mobilcom, das für rund 8,1 Milliarden Euro eine der UMTS-Lizenzen erwarb, ist die Sache klar.
Bleibt Multimedia übers Handy eine Zukunftsvision? Die Stimmungslage unter den M-Commerce-Anbietern schwankt zwischen Goldrausch und dem Albtraum unterschiedlicher Netz-Plattformen.
Für das Mobilfunkunternehmen Mobilcom, das für rund 8,1 Milliarden Euro eine der UMTS-Lizenzen erwarb, ist die Sache klar. Firmensprecher Matthias Quaritsch macht eine einfache Rechnung auf: Zurzeit beschert die mobile Kommunikation den deutschen Funknetzbetreibern Jahresumsätze von 22,6 Milliarden Euro, die voraussichtlich bis 2005 auf 31 Milliarden steigen werden. Jeder der sechs UMTS-Lizenznehmer des Funknetz-Oligopols kann also mit zehn Milliarden Umsatz kalkulieren. 'Davon lässt sich gut leben', meint Quaritsch. 'Zwischen 2006 und 2007', erklärte er auf einem M-Commerce-Forum der Berliner Beratungsgesellschaft TimeKontor über die Alternativen zu UMTS, 'werden wir die Gewinnschwelle erreichen'. Diese Zuversicht begründet er zudem mit der geplanten Abschaltung der D-Netze zwischen 2008 und 2010, der etwas später dann auch die E-Netze folgen werden. 'Das heißt, in ein paar Jahren gibt es nur noch eine Technik, über die alles läuft'.
Schön wärs. Die M-Commerce-Anbieter und Anwendungsentwickler sind nicht nur skeptisch, dass sich die Netzbetreiber im Run auf die teuren Funkfrequenzen vielleicht überreizt haben. Sie wissen nicht, ob sie bei der Entwicklung von multimedialen Mehrwertdiensten wie ortsabhängigen Stadtführern, Instant Messaging und Spielen via Handy aufs richtige Pferd setzen. Denn als alternative Plattform gewinnen WLANs, in die sich der User an 'Hotspots' wie Einkaufszentren, Krankenhäusern oder Flughafen-Lounges einklinkt, möglicherweise viel schneller an Attraktivität, da dieser Funkdienst im lizenzfreien ISM-Band operiert und nicht mit den hohen Kosten der Frequenzzuteilung belastet ist. Dort wären wegen der deutlich niedrigeren Investitionskosten für die Übertragung eines Megabyte statt 20 bis 25 Cent bei UMTS nur zwischen drei und sechs Cent zu veranschlagen, schätzt Boris Maurer von McKinsey. Und das bei 11 MBit/s mit der mehr als fünffachen Bandbreite.
Produktmanager Jean Bondy von der Compaq Deutschland GmbH sieht WLANs als das fehlende Glied für die Weiterentwicklung von PCs zu Kommunikationsendgeräten an, dies jedoch nicht in Konkurrenz, sondern als Ergänzung zu UMTS. Er erwartet eine Arbeitsteilung der verschiedenen Übertragungstechniken - Bluetooth im Personal Area Network, WLAN im Local Area Network und UMTS im Wide Area Network. Der logisch nächste Schritt wäre dann die Integration dieser Funk-Plattformen in multiportfähige Endgeräte.
Nicht nur hinsichtlich des Einsatzszenarios läuft die Gegenüberstellung von WLAN und UMTS auf einen Vergleich von Äpfeln mit Birnen hinaus. Als Übertragungstechnik entspricht der WLAN-Standard allenfalls der UMTS-Luftschnittstelle UTRAN (UMTS Terrestrial Radio Access Network). Anders als UMTS definiert er kein komplettes Mobilfunksystem mit Mobilitätsmanagement für den Wechsel von Funkzellen - besonders wichtig für Dienstanbieter - und mit einem Billingsystem zur Abrechnung von Leistungen im Hintergrund. Diese lassen sich zwar auch für ein WLAN-gestütztes Mobilsystem aufbauen, doch damit ist erst bei den Systemen der vierten Generation (4G) zu rechnen. Die sieht Kohei Satoh, Geschäftsführer des Euro-Labs von Japans NTT DoCoMo in München, erst ab dem Jahr 2010 am Horizont. (hob) (ll)