StudiVZ, Zoomer: Holtzbrinck räumt auf

StudiVZ zieht sich aus dem Ausland und die Gründer aus dem Unternehmen zurück. Dazu sortiert Holtzbrinck seine anderen Netz-Aktivtäten unter dem Dach von Zeit Online neu und baut dafür eine Zentralredaktion in Berlin auf.

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Holtzbrinck räumt seine digitale Sparte auf. Der Verlag ordnet die Geschäfte von Tagesspiegel.de und Zoomer.de unter der Führung von Zeit-Onlinechef Wolfgang Blau neu und macht den Auslandsaktivitäten der schwierigen Tochter StudiVZ ein Ende. Gleichzeitig wird mit dem Ausscheiden der Gründer Michael Brehm und Dennis Bemmann der Führungswechsel bei dem Studentenportal endgültig vollzogen.

Das Aus für die vier Auslandsportale in Frankreich, Spanien, Italien und Polen wurde den Nutzern per E-Mail angekündigt, berichtete onlinekosten.de. Die Portale sollen am 20. Januar kommenden Jahres offline gehen. Bis dahin sind die Nutzer der Netzwerke eingeladen, sich beim jüngsten Mitglied der VZ-Familie, der internationalen Version von meinVZ, anzumelden. "Warum verschiedene Plattformen für Italien, Spanien, Deutschland, Polen und Frankreich", heißt es in der E-Mail an die Nutzer. "Am Ende sind wir alle Studenten!"

Die Kurskorrektur unter dem neuen Chef Clemens Riedl kommt alles andere als überraschend. Schon im Herbst 2007 wurde deutlich, dass StudiVZ im Ausland nicht richtig Tritt fassen kann. Mit der Ausnahme Polens, wo "studentIX" wohl ganz gut lief, dümpelten die anderen Auslandsableger vor sich hin. Ein paar Monate später folgte der erste Schnitt: Das internationale Geschäft wurde auf eine "Nebenrolle" reduziert, die Plattformen nicht mehr weiterentwickelt. Auf eine sofortige Schließung wurde wohl verzichtet, weil das Auffangbecken meinVZ noch nicht am Start war.

"Wir konzentrieren uns zukünftig ganz auf den deutschsprachigen Markt und wollen hier die Position des Marktführers mit aktuell 12,5 Millionen Nutzern weiter ausbauen", bestätigte ein Sprecher gegenüber heise online die Schließung der vier Auslandstöchter. Wie viele Nutzer und Mitarbeiter von der Maßnahme betroffen sind, wollte er auf Nachfrage nicht verraten. StudiVZ rüstet sich damit weiter für den Wettbewerb mit Facebook, das dem deutschen Platzhirschen die Position streitig machen will. Das US-Vorbild und sein deutscher Klon streiten derzeit vor Gericht um die Frage, ob sich die StudiVZ-Gründer Ehssan Dariani, Dennis Bemmann und Michael Brehm vielleicht ein bisschen zu sehr an Facebook orientiert habe.

Nachdem der für seine Eskapaden berüchtigte Dariani schon kurz nach der Übernahme durch Holtzbrinck aufs Abstellgleis geschickt wurde, wird auch für Bemmann und Brehm das Kapitel StudiVZ zum Jahresende geschlossen. Die beiden Gründer verlassen das Unternehmen mit Auslaufen ihrer Verträge planmäßig, teilte der Sprecher dazu mit. Riedl, der neue starke Mann bei StudiVZ, dankt den scheidenden Gründern "für ihr außerordentliches Engagement und ihre großen Verdienste um die VZ-Netzwerke".

Unterdessen sind auch bei anderen Digitalunternehmungen des Holtzbrinck-Verlags deutliche Verschiebungen zu beobachten. Die Online-Angebote Tagesspiegel.de und Zoomer.de werden unter dem Dach von Zeit Online und der Gesamtverantwortung von Chefredakteur Wolfgang Blau neu aufgestellt. Dafür soll im Februar 2009 eine neue Tochter namens "Zeit Digital" aus der Taufe gehoben werden, in Berlin eine neue Zentralredaktion mit insgesamt 75 Mitarbeitern entstehen. Dafür zieht Blau mit dem Großteil seiner Zeit-Mannschaft an die Spree, einige Stellen sollen neu geschaffen werden.

Das trotz prominenter Unterstützung (Herausgeber Ulrich Wickert) schwächelnde Videoportal Zoomer und die Website der Berliner Tageszeitung sollen zwar eigene Redaktionen behalten, wesentliche Inhalte aber aus einer neuen zentralen Nachrichtenredaktion in Berlin beziehen. Bei Zoomer soll es auch einen Stellenabbau geben. Die bisherigen Chefredakteure werden zu Redaktionsleitern degradiert. Für die bisherige Online-Chefin des Tagesspiegel ist das eine bittere Pille. Mercedes Bunz war mit reichlich Netz-Credibility und viel Vorschusslorbeeren angetreten und hatte dem Tagesspiegel einen nicht ganz gelungenen Relaunch verpasst. (vbr)