Online-Banken ohne Verbindung

Das Bundesaufsichtsamt fĂĽr den Wertpapierhandel nimmt Technik und Personalausstattung von Direktbanken unter die Lupe.

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Von
  • Olaf Zapke
  • dpa

Sie sehen sich als Banken der Zukunft. Schnell, virtuell und rund um die Uhr wollen die Direktbanken für ihre Kunden erreichbar sein. Das Internet soll es möglich machen: Weniger Personal und Kosten für die Bank und zugleich mehr Service und Bequemlichkeit für die Kundschaft. Aus dem angeblich kurzen Draht ist inzwischen jedoch eine lange Leitung geworden. Die Direktbanken sind dem provozierten Kundenansturm nicht gewachsen: Telefonanlagen laufen heiß, Internet-Zugänge sind verstopft und an allen Ecken fehlt Personal.

"Wir haben massivste Beschwerden von Direktbank-Kunden bekommen", berichtet Udo Fenchel vom Bundesaufsichtsamt fĂĽr den Wertpapierhandel (BAWe) in Frankfurt. Zahlreiche Finanzinstitute haben vom BAWe nun einen blauen Brief erhalten. Die Kontrolleure wollen wissen, "wie diese Unternehmen auf das stark gestiegene Interesse der Anleger an Wertpapieren vorbereitet sind". Vor allem in punkto technischer Infrastruktur und Personalausstattung wird den Direktbanken nun auf den Zahn gefĂĽhlt.

Ausgelöst wurde das technische Desaster von einer nie da gewesenen Börsenhysterie. Die Aktienkurse schießen schier unaufhörlich in die Höhe. Wer noch nicht dabei ist, will jetzt rein und mitzocken -- ganz professionell, online und direkt. Täglich werden tausende Wertpapierdepots eröffnet. Dieser unerwartete Boom hat die Direktbanken und Billig-Broker kalt erwischt.

Alleine die rasant wachsende comdirect bank zählt pro Monat 20.000 Neukunden. "Wahnsinn -- wir kommen kaum noch nach", heißt es bei der Konzernmutter Commerzbank in Frankfurt. Die Sektlaune über den Zulauf wird aber durch krasse Organisationsprobleme getrübt. Bis zu drei Wochen dauert inzwischen die Eröffnung eines Kontos. Für die neue Aktie der Infineon AG, eine Halbleiter-Tochter von Siemens, gingen in wenigen Tagen mehr als 70.000 Aufträge ein. Die Konsequenz: Es fehlt an Räumen, Personal, Computern und Telefonen.

"Das ist der Preis für die niedrigen Gebühren der Direktbanken. Zur Zeit ist man als Kunde aber gekniffen", sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW). Die Online- Finanzhäuser hätten mit ihrer aggressiven Werbung den Ansturm "selbst angezettelt".

Der Dumme ist in jedem Fall König Kunde. Denn: Das Risiko etwa für entgangene Börsengewinne oder auch Verluste trägt er allein. Ist die Direktbank nicht erreichbar und kann somit keine Aufträge ausführen, tritt sie bei der Haftung vornehm zurück. "Das haben die alle schon in ihren Geschäftsbedingungen so geregelt", sagt Kurz. Zudem müsse der Kunde beweisen, dass die Online-Bank nicht erreichbar war. Kurz empfiehlt daher zur Sicherheit: "Zurück in die Zukunft -- auf zur Filialbank." (Olaf Zapke, dpa)/ (cp)