Gewerkschaft kritisiert Ausbeutung in Callcentern

Es gebe zwar nicht nur schwarze Schafe, doch in vielen Callcentern seien die Löhne zu niedrig und die Arbeitsbedingungen zu hart, sagte Dieter Altmann von ver.di.

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Von
  • Bernhard Sprengel
  • dpa

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat die Löhne und Arbeitsbedingungen in Callcentern kritisiert. Die Branche boome, doch die Löhne in den inzwischen über 110 Callcentern in Mecklenburg-Vorpommern seien "mitnichten" gestiegen, sagte der Fachbereichsleiter von ver.di-Nord, Dieter Altmann, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Der Grundlohn im sogenannten Outbound-Geschäft liege beispielsweise in Schwerin bei nur 4,10 Euro pro Stunde. "Da tobt ein ruinöser Wettbewerb, man sucht sich strukturschwache Gegenden, um Fördergelder abzugreifen", sagte Altmann zum Hintergrund der schlechten Entlohnung. Die Gewerkschaft fordere einen Mindestlohn von 7,50 Euro.

Es gebe im Outbound-Geschäft, also beim Anwerben von Kunden, Erfolgsprämien, sagte Altmann. "Aber die Zulagen sind wirklich Nervenprämien." Ein Computer berechne für einen Mitarbeiter die Zahl der geführten Gespräche. Üblich seien 35 Telefonate pro Stunde, erst für das 36. Gespräch werde eine Prämie von "vielleicht 20 Cent" gezahlt. "Von Schichtzulagen habe ich auch noch nichts gehört", fügte Altmann hinzu. Selbst der Gang zur Toilette werde in manchen Callcentern beschränkt. Er wisse jedoch auch von wenigen "Vorzeige- Callcentern", die einen Stundenlohn von sieben Euro zahlten. "Es gibt nicht nur schwarze Schafe."

Bisher habe die Gewerkschaft einen schweren Stand. Der Organisationsgrad sei gering, auch wegen der hohen Fluktuation der Mitarbeiter. Diese liege im Schnitt bei 100 Prozent, das hieße, dass einmal pro Jahr die gesamte Belegschaft wechselt, sagte Altmann. Immerhin hätten die meisten Unternehmen inzwischen Betriebsräte. Altmann glaubt, dass Tarifverhandlungen auch im Interesse der Arbeitgeber wären. "Ich bin guter Hoffnung, wenn sich das ein bisschen beruhigt hat, dass man über kurz oder lang zu Verhandlungen zusammenkommt."

Eine Verbesserung für die Arbeitnehmer verspricht sich der Gewerkschafter auch von der Aufwertung der Tätigkeit zu einem Ausbildungsberuf. Seit 2006 können sich junge Leute in Mecklenburg-Vorpommern innerhalb von zwei Jahren zu Kaufleuten im Dialogmarketing ausbilden lassen. "Ich denke schon, dass das die Situation verbessert", meinte Altmann. Bislang arbeiteten in den Callcentern vor allem Studenten und Frauen in Teilzeit. (Bernhard Sprengel, dpa) / (ad)