Indien plant Bildungsprojekt mit 100-$-Laptop

Eine groß angelegte staatliche Initiative hat in Indien den 100-$-Laptop zum Ziel - was One Laptop per Child bis heute nicht gelungen ist.

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Von
  • Dr. Jürgen Rink

Das indische Bildungsministerium hat ein groß angelegtes Bildungsprogramm gestartet, das unter anderem den 100-$-Laptop zum Ziel hat. Auf der eIndia 2008, Indiens größter Messe für Informations- und Kommunikationstechnologie, hat Staatsministerin Purandeswari das Projekt vorgestellt, das 850 Milliarden Rupien, etwa 13 Milliarden Euro, für fünf Jahre bereit stellt. In ihrer Keynote vermied Purandeswari konkrete Angaben zur Hardware, unterstrich jedoch, dass das Indian Institute of Science, Bangalore und das Indian Institute of Technology (IIT), Madras, den Laptop bereits entwickeln. Kurz nach der Ankündigung machten Meldungen über einen indischen 10-Dollar-Laptop die Runde um die Welt. Die Erklärung: Das Bildungsministerium hatte in der ursprünglichen Mitteilung eine Null vergessen ...

Indien will mit dem Programm auch das stark unterschiedliche Bildngsniveau in den verschiedenen Regionen angleichen. Diesem Ziel dienen neben dem 100-$-Laptop diverse Universitätsgründungen, darunter unter anderem acht Indian Institutes of Technology (IITs), 10 National Institutes of Technology (NIT), 20 Indian Institute of Information Technology (IIITs).

Der Vorstoß von Indiens Regierung ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert. Zum einen scheiterte die gemeinnützige Organisation One Laptop per Child (OLPC) an der Preisgrenze von 100 $ für ihren XO genannten Laptop. Gegenwärtig verkauft OLPC den XO in Uruguay für knapp 200 $. Peru hat Interesse angemeldet, ebenso Mexiko, in Mongolei und Nepal laufen Pilotprojekte.

OLPC-Chef Negroponte strebte für 2009 bereits die 100-Millionenmarke an, was in etwa der Weltjahresproduktion aller Laptops letztes Jahr entspricht. Nur mit dieser aus heutiger Sicht weltfremden Vorgabe hätte ODM-Fertiger Quanta den Preis auf 100 $ drücken können. Übrigens hatte auch Indien Interesse am XO angemeldet, doch Mitte 2006 die Zusammenarbeit mit OLPC aufgekündigt, was angesichts der hohen Bevölkerungszahl in Indien ein herber Schlag für das Projekt war.

Zum anderen war es Negropontes Initiative, die zu den billigen Netbooks führte, von denen es allein in Deutschland rund ein Dutzend Modelle gibt, vom Asus Eee PC, über Medion Akoya Mini, Acer Aspire One bis zu One A110. Diese Mini-Notebooks kosten zwischen 200 und 400 Euro, Tendenz fallend, und eignen sich hervorragend für Schülerhände. Kostspielige und langwierige Laptop-Entwicklungen, inklusive der Aufbau einer komplett neuen Service-Infrastruktur würden damit entfallen. Zwar ist ein XO zum Beispiel mit seiner Mesh-Fähigkeit und dem auch unter Äquatorsonne ablesbaren Display viel besser für weltweite Bildungsprogramme geeignet, doch die Geister, die OLPC in Form der Netbooks rief, wird die Initiative nicht mehr los. Indiens 100-$-Laptop muss da mehr bieten, um bestehen zu können oder massiv subventioniert werden. (jr)