Amazon geht mit Kontensperrungen gegen hohe Retourenquoten vor

Verschiedentlich wird berichtet, dass Amazon ohne Vorwarnung derzeit Kunden-Konten aufgrund von hohen Retourenquoten sperrt. Damit haben Kunden auch keinen Zugriff mehr auf den Kindle-Shop und die Amazon-Cloud.

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Von
  • Robert Höwelkröger

Wie derzeit aus verschiedenen Quellen zu vernehmen ist, geht Amazon zum wiederholten Male gegen die hohen Retourenquoten vor. Ohne Vorwarnung soll das Unternehmen gerade Kundenkonten sperren, über die überdurchschnittlich viel wieder an Amazon zurückgesendet worden sein soll. Amazon gibt sich zu dem Thema sehr einsilbig. Auf Nachfrage von heise resale teilte das Unternehmen über seine Pressestelle mit: "Amazon.de ist eine Website für Verbraucher, also Personen, die haushaltsübliche Mengen bestellen. Dies kommunizieren wir in unseren Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie auf unseren Hilfeseiten. Maßnahmen wie eine Kontoschließung nehmen wir nur in Ausnahmefällen nach eingehender umfassender Prüfung vor, wenn eindeutig feststeht, dass bei dem betroffenen Konto kein Einkaufs- und Retourenverhalten eines Verbrauchers vorliegt."

Für Rechtsanwalt Christian Sölmecke stellt die Sperrung von Konten ohne Vorwarnung ein Problem dar: "Auch beim Online-Shopping gilt der Grundsatz der Privatautonomie. Auf der anderen Seite gilt der gesetzlich verankerte Verbraucherschutz, insbesondere das gesetzliche Widerrufsrecht. Danach dürfen online gekaufte Artikel grundsätzlich innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Ware ohne Begründung zurückgeschickt werden. Kunden, die von diesem Recht Gebrauch machen, darf nicht ohne weiteres das Konto gesperrt werden, selbst wenn sie übermäßig viele Artikel zurückschicken. Dies hätte sonst eine Aushöhlung des gesetzlichen Widerrufsrechts zur Folge." Die Gefahr sei, so Solmecke weiter, dass Kunden davon abgehalten würden, ihr gesetzlich zustehendes Recht wahrzunehmen.

Verbraucherschützer sehen das allerdings ein wenig entspannter. Händler dürfen sich wehren, wenn ein Kunde das Retourenmanagement aus ihrer Sicht zu oft in Anspruch nimmt: "Ein Anbieter darf sich natürlich aussuchen, mit wem er Geschäfte macht", erklärt Thomas Bradler von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Er kann also zum Beispiel das Nutzerkonto eines Kunden sperren. Was "zu oft" dabei genau bedeutet, entscheidet der Händler.

Allerdings gewährt Amazon über das gesetzliche Rückgaberecht hinaus auch ein freiwilliges, das für 30 Tage gilt. In dieser Zeit dürfen Artikel zurückgesendet werden. Dies erlaubt das Unternehmen beispielsweise auch für Produkte wie e-Books, die nicht unter das Widerrufsrecht fallen. "Bei Rücksendungen aufgrund dieser freiwillig gewährten Rückgabegarantie kann die rechtliche Bewertung anders ausfallen. Hier überwiegt der Grundsatz der Privatautonomie", erklärt Solmecke. Amazon dürfe daher entscheiden, wem dieses weitergehende Recht eingeräumt wird. Zudem könne das Unternehmen in diesem Fall auch Konten sperren, wenn das Rückgaberecht zu oft in Anspruch genommen werde. "Eine Kontosperrung muss jedoch für den Kunden vorhersehbar sein. Da die Amazon AGB keine Regelungen hierzu enthalten, ist zumindest eine Vorwarnung des Kunden erforderlich. Andernfalls kann der Kunde gar nicht wissen, wann er die Grenze der tolerierten Anzahl an Rücksendungen überschreitet. Eine Sperrung des Kontos wäre dann unverhältnismäßig", ergänzt der Rechtsanwalt.

Durch die Sperrung des Kontos wird Nutzern auch der Zugang zur Amazon-Cloud und zum Kindle-Shop verwehrt, da die Zugänge an das Kundenkonto gekoppelt sind. Eine solche Sperrung wäre unverhältnismäßig, da sie die Rechte des Kunden übermäßig einschränken würde und Ihnen den Zugriff auf wichtige Daten aus der Amazon Cloud verwehre, so der Rechtsanwalt "Die Sperrung des Kundenkontos darf sich daher nicht auch auf weitere Amazon Dienste erstrecken. Betroffene können sich mit den vorstehenden Argumenten an Amazon wenden und eine Reaktivierung des gesperrten Kontos verlangen."

(mit Material von dpa) (roh)