PKW-Maut auf Umwegen: Verlängerte A20 und neuer Elbtunnel mit Maut

Der Weiterbau der Küstenautobahn A20 ist seit Jahren umstritten, ein neuer Elbtunnel wäre ein gigantisches Projekt. Nun will ein Baukonzern aus Frankreich Neuland betreten und die Strecke gemeinsam mit dem Bund finanzieren - auch über Mautgebühren.

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Von
  • dpa

Die Bundesautobahn A20 bei Klempenow (Landkreis Demmin, Mecklenburg-Vorpommern)

(Bild: Botaurus stellaris )

Der französische Konzern Vinci will in Norddeutschland die Autobahn A20 innerhalb von fünf Jahren ausbauen und für einen neuen Elbtunnel Maut kassieren. Vertreter des Konzerns hätten ihre entsprechenden Ideen bereits vorgestellt, sagte ein Sprecher des Kieler Verkehrsministeriums. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig und Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (beide SPD) zeigten sich grundsätzlich aufgeschlossen, halten aber den Weiterbau über die Elbe frühestens ab 2017 für realistisch.

Der Bund gab sich ebenfalls nicht abgeneigt. "Die A 20 ist eines der wichtigsten Autobahnprojekte in Norddeutschland und hat eine überragende Bedeutung für den Seehafenhinterlandverkehr", sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU). Daher begrüße er es, dass eine Reihe von Baufirmen Interesse an einer Umsetzung hätten. "Wir sind für alle Ideen und Anregungen dankbar, die zu einer Realisierung führen."

Über eine Fortsetzung der "Ostsee-Autobahn" A20 von Bad Segeberg über die Elbe westlich von Hamburg bis nach Bremerhaven wird seit Jahren diskutiert. Die Strecke soll unter anderem die Region Hamburg entlasten. Sollte Vinci für seine Pläne am Ende den Zuschlag erhalten, was derzeit völlig offen ist, wäre dies nach Einschätzung von Experten eine kleine Sensation in der Geschichte des deutschen Autobahnbaus. Dass eine Autobahn nicht allein vom Staat, sondern in Private-Public-Partnership realisiert (PPP) wird, ist in der Bundesrepublik noch eine seltene Ausnahme. Einige Autobahnabschnitte als Modellprojekte gibt es aber schon.

Meyer sprach am Rande einer Landtagssitzung von einem interessanten Vorschlag. Allerdings müssten für eine Realisierung Bundesgesetze geändert werden. "Nach den bisherigen Gesetzen ist das, was die Franzosen uns als Modell vorgelegt haben, rechtlich nicht möglich." Vinci schwebt ein Private-Public-Partnership-Modell vor, bei dem der Bund und das Unternehmen sich die Gesamtkosten von zwei Milliarden Euro teilen. In Frankreich mit seinen überwiegend kostenpflichtigen Strecken betreibt Vinci Tausende Autobahnkilometer.

Albig begrüßte die Initiative der Franzosen, wies den Zeitplan aber als unrealistisch zurück. "Wir brauchen erkennbar andere Finanzierungslogiken für Autobahnbau", sagte er der dpa. Bis Ende 2014 könnte die Planung für die A20 über die Elbe hinweg abgeschlossen werden. Ein Weiterbau westlich der Kreuzung mit der A7 sei aber erst nach den Wahlen in Schleswig-Holstein 2017 realistisch. "Wenn wir dann über die Elbe kommen, dann schneide ich 2022 am Ende der zweiten Legislatur das Band durch", meinte Albig.

Vinci will laut einem Bericht des Hamburger Abendblatts die A20 zwischen Bad Segeberg und Bremerhaven samt Abzweig nach Hamburg komplett fertigstellen und einen Elbtunnel zwischen Drochtersen (Niedersachsen) und Glückstadt (Schleswig-Holstein) bauen. Zur Finanzierung will das Unternehmen neben den geplanten Tunnel-Mautgebühren für alle Nutzer einen großen Teil der Lkw-Maut auf der Strecke in den nächsten 50 Jahren für sich beanspruchen.

Der Vorschlag der Franzosen ließ in Kiel politische Kontroversen über den Ausbau der A20 neu aufflammen. Während die CDU/FDP-Opposition energisch und die SPD als stärkste Regierungspartei im Prinzip dafür sind, lehnten die Grünen als Koalitionspartner einen umfassenden Ausbau der A20 samt Elbquerung kategorisch ab. "Solange die Grünen mitregieren, also bis 2017, so lange wird die A20 jenseits der A7 nicht gebaut", sagte die Landtagsfraktionsvorsitzende Eka von Kalben. Als Zugeständnis an die SPD hätten die Grünen lediglich weiteren Planungen westlich der A7 zugestimmt. "Aber es werden bis 2017 keine Bagger jenseits der A7 rollen", sagte von Kalben.

Nach Ansicht des ADAC sollte dass Angebot von Vinci "vorurteilsfrei" geprüft und der drohende Verkehrsinfarkt abgewehrt werden. "Endlich kommt Fahrt in den A20-Weiterbau!", begrüßte der CDU-Landesvorsitzende Reimer Böge die Vorschläge aus Frankreich. Nach Auffassung des niedersächsischen Verkehrsministeriums sollte es für den Weiterbau zwingend eine Ausschreibung geben. Der Vorschlag von Vinci sei aber nur eine Möglichkeit, es müssten natürlich auch Alternativen betrachtet werden, sagte ein Sprecher. "Da gehen noch Jahre ins Land." (jk)