Kernel-Log – Was 3.11 bringt (4): Grafiktreiber

Linux 3.11 bringt Unterstützung für neue Grafikkerne von AMD, Intel und Nvidia. Der Kernel nutzt jetzt die Stromsparfähigkeiten moderner Radeon-HD-Chips und beherrscht Mehrschirmbetrieb mit Spice.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
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Die Ankündigungen von Linux und Linux 3.11-rc7 im Vergleich.

Die Ankündigung zur siebten Vorabversion von Linux 3.11 erfolgte ganz anders als gewohnt, denn Linus Torvalds hat sie nicht an die LKML geschickt, sondern am 26. August bei Google+ publiziert. Zudem hat Torvalds anlässlich des 22. Geburtstags einen Freigabetext gewählt, der sich stark an der Mail orientiert, mit der er Linux genau 22 Jahre zuvor angekündigt hatte.

Torvalds deutet in diesem Text an, Linux 3.11 innerhalb einer Woche veröffentlichen zu wollen. Eine Freigabe rund um den 1. September ist damit recht wahrscheinlich. Allerdings passiert es häufiger, dass Torvalds nach solchen Andeutungen doch noch einen weiteren RC einschiebt und die Fertigstellung so um eine Woche oder mehr verschiebt.

Die Entwicklung von Linux 3.11 nähert sich somit dem Ende, daher soll die folgende Beschreibungen der Neuerungen rund um Grafiktreiber nun die Kernel-Log-Mini-Serie "Was 3.11 bringt" abschließen, die die wichtigsten Änderungen dieser Kernel-Version beschreibt. In den ersten drei Teilen der Serie ging es um die Neuerungen in den Bereichen Dateisysteme und Storage, Infrastruktur und Platform sowie Treiber und Netzwerk.

Dank einer Sammlung von über 150 Patches beherrscht Linux jetzt AMDs Dynamic Power Management (DPM) sowie das in der PCIe-Spezifikation definierte ASPM (Active State Power Management) bei nahezu allen Radeon-HD-GPUs (u. a. 1). Diese von AMDs proprietärem Grafiktreiber Catalyst schon länger unterstützten Techniken können den Stromverbrauch deutlich senken, wenn die GPU wenig zu tun hat.

Die von AMD-Entwickler Alex Deucher eingebrachte DPM-Unterstützung gilt allerdings noch als experimentell und wird erst aktiv, wenn man dem Kernel-Grafiktreiber radeon den Parameter dpm=1 mitgibt – etwa durch Angabe des Bootparameters radeon.dpm=1. ASPM hingegen ist standardmäßig aktiv, lässt sich aber bei Problemen über den Bootparameter radeon.aspm=0 deaktivieren. Weitere Hinweise zu DPM und dessen Einsatz erläutert Deucher in einem Blog-Eintrag.

Der Kernel 3.11 hat zudem Unterstützung für die Grafikchips erhalten, die AMDs Treiberentwickler unter dem Kürzel CIK referenzieren (u. a. 1). Das betrifft die Grafikkarten der Radeon-HD-8000er-Serie sowie die Bonaire-GPU, die auf der Radeon HD 7790 sitzt, ferner die Kabini-APUs in sparsamen Notebook-Prozessoren wie AMDs A4-5000 oder A6-5200 sowie die noch nicht erhältlichen Kaveri-Prozessoren für Desktops und Notebooks mit der neuen "Steamroller"-Architektur, die AMD zum Jahreswechsel einführen will.

Die Kernel-Treiber für die CIK-Grafikkerne bieten noch keine Unterstützung für DPM und ASPM; das soll sich bei Linux 3.12 ändern. Der OpenGL-Treiber radeonsi des kürzlich veröffentlichten Mesa 3D 9.2 bietet indes schon Basisunterstützung, um die 3D-Beschleunigung dieser Grafikkerne zu verwenden.

In Mesa 9.2 finden sich auch ein früher Treiber, um H.264 und MPEG-2 mit Hilfe des Video-Beschleunigers zu dekodieren, den die GPUs NV84 bis NV96 und NVA0 enthalten; solche verwenden einige, aber längst nicht alle Grafikkarten zwischen GeForce 8300 GS und 9800 GTX+ sowie GeForce GT 100 bis GTX 295. Der Treiber weist allerdings noch massive Sicherheitslücken auf, auf die der Entwickler hinweist.

Für seine Arbeit braucht der Mesa-Video-Treiber einige Schnittstellen im Nouveau-Kernel-Treiber, die Linux jetzt bietet (u. a. 1, 2). Der Nouveau-Kernel-Treiber hat zudem Basisunterstützung den Grafikkern NVD7 (GF117) erhalten, den unter anderem die Geforce-GT-Modelle 620M, 625M, 710M und 720M nutzen. Ferner lassen sich bei der NVF0 oder GK110 genannten GPU der GeForce GTX 780 nun Beschleunigungsfunktionen nutzen, wenn man dem Treiber die Firmware aus Nvidias proprietärem Treiber mitgibt.

Der Intel-Grafiktreiber unterstützt nun 30-Bit-Farbtiefe und soll die Stromsparfunktionen in Intels Prozessoren der Haswell-Serie besser nutzen (u. a. 1), zu denen die Core-i-CPUs der vierten Generation zählen. Die Unterstützung für den Grafikkern der im Herbst erwarteten Silvermont-SoCs gilt jetzt als fertig. Diese System-on-Chip-Architektur will Intel nicht nur bei neuen Atom-Prozessoren verwenden, sondern auch bei den J- und D-Ausführungen von Celeron und Pentium.

Der Kernel-Grafiktreiber für Spice, das vor allem im Umfeld der KVM-Virtualisierung zur Grafikausgabe des Gastes genutzt wird, kann jetzt an mehr als ein Ausgabegerät weiterleiten; das System, das die per Spice ankommenden Grafikausgaben ausgibt, kann jedes dieser Spice-Ausgabegeräte in einem eigenen Fenster darstellen, die sich auf verschiedene Monitore verteilen lassen.

Dem Kernel liegt jetzt auch ein Grafiktreiber für einige der von Renesas gefertigten System-on-Chips (SOC) der R-Car-Serie bei.