Kommentar: Vom Amazon-Preisdiktat befreit – bleibt doch alles beim Alten

Die umstrittene Preisparitätsklausel für Händler in Amazons Marketplace könnte in Kürze Geschichte sein. Ob sich die Situation der Händler damit bessert, darf bezweifelt werden.

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Von
  • Matthias Parbel

Sie ist nicht nur vielen Onlinehändlern, sondern auch dem Bundeskartellamt ein Dorn im Auge: die Preisparitätsklausel, mit der Amazon Anbietern auf seiner Verkaufsplattform Marketplace Vorschriften zur Preisgestaltung auferlegt. Gemäß den Teilnahmebedingungen für den Marktplatz verpflichten sich Händler, für ihre angebotenen Waren keinen höheren Preis zu verlangen als andernorts – etwa in ihrem eigenen Webshop, im Laden oder auch einer anderen Verkaufsplattform. Nach Einschätzung des Bundeskartellamtes behindert ein derartiges Preisdiktat aber womöglich den freien Wettbewerb zwischen den verschiedenen Verkaufskanälen. Das gegen Amazon eingeleitete Verfahren der Behörde läuft noch.

Nun zeigt Amazon in der Sache offensichtlich Entgegenkommen, wie die offizielle Mitteilung des Bundeskartellamtes vom 27. August andeutet. Wörtlich heißt es darin: "…das Unternehmen beabsichtigt, die Preisparität auf dem Amazon Marketplace nicht mehr durchzusetzen". Doch was das genau bedeutet, hätten wir gerne von Amazon direkt erfahren – auf unsere bereits am 26. August eingereichte Anfrage hat der US-Konzern aber bis heute nicht reagiert. Gänzlich auf die Preisparitätsklausel verzichten will Amazon allem Anschein nach aber nicht. Das legt zum einen die Formulierung "…nicht mehr durchzusetzen…" nahe, zum anderen wurde auch der Wortlaut der oben genannten Teilnahmebedingungen für den Amazon Marketplace bis zum heutigen Tag nicht geändert.

Preisparität: Auszug aus den Teilnahmebedingungen für den Marketplace von Amazon.de (Screenshot-Montage)

Vielmehr dürfte es sich um ein strategisches Manöver handeln, mit dem der Konzern im Verfahren mit dem Bundeskartellamt Entgegenkommen signalisieren möchte, ohne die eigene Position gegenüber den Händlern im Marketplace dauerhaft zu schwächen. Denn wer diesen Marktplatz zum Verkauf nutzen darf und zu welchen Konditionen, entscheidet am Ende des Tages immer noch Amazon nach eigenem Gusto: "Ein Anspruch auf Teilnahme besteht nicht", lautet Punkt 2 der Teilnahmebedingungen.

An der Zwickmühlen-Situation für Onlinehändler wird sich nicht wirklich etwas ändern, denn attraktiv bleibt der Amazon-Marktplatz auch weiterhin, wenn es darum geht, die Bekanntheit und den riesigen Kundenstamm des Konzerns nutzen zu wollen. Einer Erhebung des eWeb Research Center zufolge deckten Amazon und eBay 2012 hierzulande über 50 Prozent des gesamten E-Commerce ab – mit jeweils mehr als 6 Milliarden Euro Umsatz. Und diese Vormachtstellung wird Amazon nicht nur verteidigen, sondern auch weiterhin ausnutzen. Schließlich verdient der Etailer auch kräftig an den Onlinehändlern in seinem Marketplace – bei jedem Verkauf werden Provisionen fällig. (map)